„Riecht nach Borgward“

■ Geht der 15. September (90 Jahre Automobilbau in Bremen) ungenutzt an uns vorbei? Herr Taake findet: nein! Er will in zwei Monaten ein Museum eröffnen

Der 15. September könnte an Bremen vorübergehen wie jeder andere Tag. Oder man macht ein Fest. 90 Jahre Automobilbau in Bremen! Wer weiß sicher, ob er in zehn Jahren, zum Hundertsten, noch da ist?

Daß das Jubiläum – vor 90 Jahren startete Hansa-Lloyd/Borgward mit der Produktion – übergangen wird: alles spricht dafür. Außer Herr Taake. Der ist überzeugt davon, daß es in zwei Monaten in Bremen ein Fahrzeugmuseum geben kann. Gäbe man ihm ein Haus und einen Haufen Geld, er würde das schon schaukeln.

Ortstermin in den alten Borgward-Werken am Hastedter Deich. Vor einer zerschlagenen und angekokelten Stahlbauhalle, der ehemaligen „Gerdes-Halle“ (Bj.'54), steht ein kleiner grauer Mann im Wind und zeigt auf den desaströsen Giebel. „Das ist ein Sahnestück! Hier oben kommt das Museumscafé hin und daneben eine Forschungsstelle Geschichte der Arbeitswelt und dann ein kleines Ideenbüro für Taake.“ Alfred Taake, 62, Werkmeister a.D. im Ausbesserungswerk der Bundesbahn, Abteilung Dieselmotoren, heute unberufener Vordenker in Sachen Bremen 2000, also Alfred Taake zieht ein Aquarell aus der Tasche. Seine Vision von der Gerdes-Halle in bunt. Einen Schlüssel zur Halle hat er nicht. Er macht es wie die Kinder, die drinnen zündeln: steigt durch ein zerbrochenes Fenster ein. „Es riecht nach Borgward,“ behauptet er. Die Halle besteht aus Glas und Eisen. Letzteres unverwüstlich, ersteres komplett verwüstet. Hier war mal der Service für Borgward untergebracht. Die Gruben zeugen noch davon. Überall Schutt und Splitter und verkohltes Holz. Herr Taake sagt: „Einen Tag kehren, und eine Woche Plastik vor die Fenster hängen.“ Fertig. Dann könnten die Oldtimer-Borgwards anrollen. Zwei Monate – kein Thema. So einer ist Alfred Taake.

Herr Taake hat zahlreiche merkwürdige Projekte und noch mehr Ideen. Eine gläserne Hansekogge-Werft auf dem Teerhof. Ein Seeräuber-Museum in der Weserburg. Bremen als Tourismusattraktion. Sein ältestes Anliegen aber ist ein Museum der Arbeit für Bremen. Am besten von den Dinosauriern bis heute. Die Objekte hat er teilweise schon. Manche müssen noch ausgegraben werden, weil sie 40 Meter tief in der Kreideschicht liegen. Andere lagern in einer Halle am Rosenberg. Beinahe ebenso unzugänglich. Doch jetzt kommt's: Der Senator für Arbeit hätte Taakes Lagerhalle am Rosenberg gern für seine Jugendwerkstätten. Was läge da näher, als dem Taake die Gerdes-Halle für ein Fahrzeugmuseum zu geben, dann wäre man ihn los. Klasse Idee. Ungeklärt ist einzig die Geldfrage.

Also: Der Senator will ein Fahrzeugmuseum. Das Ortsamt Hemelingen will ein Fahrzeugmuseum. Alfred Taake will zwar kein Fahrzeugmuseum, aber seine 17 ollen Borgwards würde er schon in die Halle schieben und ansonsten seine 7-Meter-Dampfmaschine, die in einer Ziegelei und auf der Rolandswerft gedient hat. Und Dinoknochen. Waldelefanten. Jetzt müßte es nur noch losgehen. Baupläne her. Genehmigungen her. Verträge her. Geld her. Zupacken.

Aber Alfred Taake ist nicht der Mann, der sich mit Kleinigkeiten rumschlägt. Er ist ein Mann der Visionen. „Weser 2000“ zum Beispiel, seine Erfindung. Taake ist eher ein Mann, der im Wind steht und sagt: „Die Gerdes-Halle ist nur das Samenkorn.“ Aus dem Größeres erwachsen wird, unermeßlich Großes. Wie gesagt: die Ideen hat er. Was ihm fehlt, sind Jünger.

Burkhard Straßmann