Debatte
: Neumann & Hoffmann

■ Was der CDU-Chef und der Staatsrat mit Kritik vom Rechnungshof machen

Nichts gegen die scharfsinnigen Leute vom Rechnungshof. Sie haben ihre Kriterien, unter denen sie prüfen und werten müssen. Gehen wir davon aus, daß alle Vorwürfe stimmen: In der Finanzplanung des Bildungsressorts geht es zu wie Kraut und Rüben, Controlling ist ein Fremdwort, und das stört niemanden, im Gegenteil: Um möglichst viele Projekte der Schulreparatur durchzukriegen, hat die Bildungsbehörde jede Lücke „dezentraler Ressourcenverwaltung“ genutzt. Die Bildungsdeputation hat das mitbekommen und es vor allem vermieden, dumme Fragen zu stellen. Und die Finanzbehörde hat nicht besonders scharf kontrolliert. Beim Wechsel von der Ampel zur Großen Koalition hat sich übrigens, auch das geht aus dem Bericht des Rechnungshofes hervor, nichts verändert. Wenn die Frage nach Verantwortung gestellt wird, dann ist Finanzsenator Fluß (SPD) genauso betroffen wie Finanzsenator Nölle (CDU), Bildungssenator Scherf wie Bildungssenatorin Kahrs, sein Staatsrat Hoffmann wie ihr Staatsrat Zietz.

Aber dem Rechnungshof geht es nicht in erster Linie darum, personelle Konsequenzen zu verlangen, sondern Verwaltungsabläufe auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu kontrollieren. Niemand hat bisher bestritten, daß mit dem Geld sinnvolle Schulreparatur betrieben wurde. Der Gedanke, daß das Problem eigentlich dadurch entstanden ist, daß die Investitionsmittel für Schulreparatur 1995 viel zu niedrig angesetzt worden waren und das bürokratische Instrumentarium der Haushalts-Gesetzgebung da auch keine Korrektur zuläßt, so daß eine Schulbehörde, die sich damit nicht abfinden will, „tricksen“ muß – dieser Gedanke verbietet sich dem Rechnungshof qua Amt. Politiker könnten solche Gedanken bei Lektüre des Rechnungshof-Berichtes als ihre Schlußfolgerung äußern.

Der CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann wollte andere Schlußfolgerungen ziehen, er hat die Ergebnisse des internen Berichtes personalisiert: Wer ist schuld? Wer muß seinen Hut nehmen? Daß es auch seinen parteiinternen Rivalen Nölle treffen würde, muß dem Polit-Profi bewußt gewesen sein, treffen soll der Angriff auf Staatsrat Hoffmann aber vor allem den SPD-Bürgermeister Scherf. Neumann ist ein alter politischer Gegner von Scherf, der Schlagabtausch paßt also ins Schema.

Nicht hinzunehmen ist allerdings, wenn sich ausgerechnet der CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann hier zum politischen Moralapostel aufschwingt und die Akribie des Rechnungshofes als Zuchtriemen benutzt. Denn es ist nicht lange her, da wollte der Rechnungshof die Finanzen der CDU-Fraktion überprüfen: Hatte die Fraktion, die mit Neumanns Landesverband unter einem Dach residiert, Fraktionsmittel an die Partei durchgeleitet und damit Staatsgeld veruntreut? Die CDU wehrte sich heftig gegen die Überprüfung und konnte sie schließlich doch nicht vermeiden. Das Ergebnis war wie erwartet und wurde streng intern nur der CDU-Fraktion vorgelegt. Neumanns Partei hatte über Jahre in die Fraktionskasse gegriffen, steht da, und angesichts der drohenden Rechnungshof-Kontrolle sogar Belege verschwinden lassen. Allein für die Bezahlung des Parteigeschäftsführers Penning aus der Fraktionskasse mußte die Bremer CDU-Fraktion damals rund 80.000 Mark an die Staatskasse zurückzahlen. Da der interne Bericht nur an die CDU und nicht an rivalisierende Ressorts ging wie der über Hoffmanns Verfehlungen, blieb er bis heute vertraulich. Sinn des Berichtes war es vor allem, für die Zukunft die CDU-Fraktion „mores“ zu lehren, was die Verwendung der staatlichen Fraktionsgelder angeht.

Der juristische Unterschied zwischen dem „Fall Hoffmann“ und dem „Fall Neumann“ ist natürlich, daß Hoffmann als Beamter handelte und disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen werden muß. Der politische Unterschied ist aber der, daß Hoffmann uneigennützig seine Position für sinnvolle Schulreparatur-Maßnahmen riskierte. Neumann wurde dagegen dabei erwischt, wie er mit dem Griff in die Staatskasse seinen privaten Verein – die Partei – bereichert hat. Disziplinarrecht gilt in diesem Fall nicht. Greifen könnte hier höchstens die politische Moral. Klaus Wolschner