Eine Million Mark für Videokünste verpulvert

■ Das neue Image-Video „Berlin – Die Stadt“ ist nicht nur die Geschichte einer ungewollten Erstfassung, sondern kam den Senat mit einer Million auch teuer zu stehen

Berlin hat ein Imageproblem. Das ist zwar nichts Neues, aber dadurch wird das Problem auch nicht kleiner, wie am Wochenende die Love Parade wieder gezeigt hat. 600.000 Jugendliche voller Beweglichkeit, aber ohne Ziel haben einmal mehr bewiesen, wie es um die Jugend der Stadt und damit um den Standort Berlin bestellt ist. Damit nicht genug: Je mehr Raver sinnlos durch die Gegend hopsen, desto wackliger werden auch unsere Renten.

Das weiß auch der Senat, und deshalb hat er ein Video in Auftrag gegeben, das „richtige“ Touristen locken soll – also solche mit Geld, die die Hotels voll machen. „Berlin – Die Stadt“ sollte das „Image- Video“ heißen. Doch statt die Hotels und Steuersäckchen zu füllen, hat das Video erst einmal die Landeskasse erleichtert. Eine Million Mark hat das 13minütige Video nämlich gekostet. Schuld an dieser ungeheuerlichen Summe, findet der bündnisgrüne Abgeordnete Vollrad Kuhn, sei das Kompetenzwirrwarr im Senat. Der Senat wiederum will diese Anschuldigung nicht auf sich sitzenlassen. Das Image-Video, erklärte Wirtschaftsstaatsekretär Wolfgang Branoner (CDU), sei im „Rahmen des Standortmarketings“ produziert worden. Deshalb „ergab sich eine Mitwirkung der Senatskanzlei aus der Funktion des Vorsitzes der Lenkungsgruppe Standortmarketing“. Darüber hinaus, verficht Branoner das Prinzip der schlanken Verwaltung, „wurde die Fachkompetenz des bei der Senatskanzlei angesiedelten Presse- und Informationsamtes zur fachlichen Begleitung der Produktion des Films genutzt“. Im Klartext: Der Senat hat seine eigene Werbeagentur („Partner für Berlin“) beauftragt, das Video erstellen zu lassen, worauf diese wiederum die Firma P. veranlaßt hat, das Video zu produzieren.

Das klingt alles ganz toll, ist es aber nicht. Die 451.000 Mark teure Erstfassung des Werbefilmchens fiel beim Lenkungsausschuß Standortmarketing nämlich durch. Also mußte eine zweite Firma ran. Kostenpunkt: 358.073,41 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer. Dazu kommen noch 143.200,40 Mark für eine weitere Agentur sowie 31.155,78 Mark für nicht weiter spezifizierte „Dienstleistungen“.

Heraus kam schließlich ein „drittklassiges Werbemittel“, ein „Sammelsurium von bunten und nichtssagenden Bildern“, beklagte der grüne Parlamentarier Kuhn. „Kein Sozialhilfeempfänger wird verstehen, warum ihm die Sozialkarte der BVG gestrichen wird, wenn gleichzeitig Unsummen im Bermudadreieck der verschiedenen Behörden verschwinden.“

Hätte die Senatskanzlei von vorneherein auf die Grünen gehört, wäre ihnen das Millionendebakel womöglich erspart geblieben. Daß man ein Image-Video nämlich billig, dafür aber um so werbewirksamer produzieren kann, hat im Zusammenhang mit der Olympiabewerbung die bündnisgrüne Abgeordnete Judith Demba unter Beweis gestellt. Das Anti-Video für die IOC-Mitglieder kostete das Land bekanntlich nichts – außer die heißbegehrten Spiele. Uwe Rada