Nur für Weiße

Ausländer werden in Hamburg auch im Strafvollzug benachteiligt  ■ Von Stefanie Winter

Nicht alle sind gleich vor dem Gesetz – und auch nicht nach einer Verurteilung. Das Ausländergesetz, das im Alltag Beschneidungen der Freizügigkeit für Nichtdeutsche ermöglicht, wirkt sich auch auf den Strafvollzug aus. Knapp die Hälfte der 500 Insassen der Justizvollzugsanstalt II in Fuhlsbüttel besitzen keinen deutschen Paß. Und nur sieben von ihnen erhalten Vollzugslockerungen, während 36 Angehörige der „deutschen Hälfte“ zeitweise Urlaub von der Haft nehmen können.

Die Ausländerbehörde wird über die strafrechtliche Verurteilung und Inhaftierung von Nichtdeutschen informiert. Und prüft sodann, ob Gründe für eine Ausweisung vorliegen, erklärt Behördensprecher Norbert Smekal. Beantragt ein Ausländer Vollzugslockerungen, wird die Ausländerbehörde um eine Stellungnahme ersucht. Und rät regelmäßig dann davon ab, so Smekal, wenn eine Ausweisung nach Ende der Haftzeit geplant ist.

Eine Ausnahme bilden Bürger der Europäischen Union, die zuvor in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben – ihnen werde auch eine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt. Strafgefangenen, die nicht aus der EU stammen, wird hingegen häufig die Abschiebung angedroht. Die Fluchtgefahr während eines Hafturlaubs sei hier ungleich größer. Sie bilde aber nur einen von mehreren Gründen, aus denen Lockerungen versagt werden, meint Sabine Westphalen, Sprecherin der Justizbehörde. „Ein laufendes Ausweisungsverfahren ist nicht immer ein Hinderungsgrund.“ Bei vier der sieben ausländischen Gefangenen, die die Anstalt II zeitweilig verlassen können, laufe ein solches Verfahren. Bei dreien ist es allerdings noch nicht abgeschlossen.

Eine differenzierte Betrachtung der Einzelfälle, wie sie die Behördenvertreter zusagen, erkennt Insassenvertreter Jens Stuhlmann hingegen nicht. Nach seinen Erfahrungen gelte das Strafvollzugsgesetz für nichtdeutsche Gefangene faktisch nicht. Und die Ausweisungsverfügungen der Ausländerbehörde seien vielmehr aus Textbausteinen zusammengesetzt. Anders als im Ausländergesetz vorgesehen, würden die Schwere der begangenen Straftat und die persönliche Situation des Betroffenen bei der Entscheidung über eine Ausweisung kaum berücksichtigt.

Stuhlmann weiß von einem Häftling türkischer Herkunft, der als Minderjähriger nach Deutschland einreiste und seit 20 Jahren ununterbrochen hier lebt, soll nach dem Willen der Ausländerbehörde das Land verlassen – obwohl er hier Familie hat. Wegen Raubes war er zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Die Ausweisung sei unter anderem aus generalpräventiven Gründen erforderlich, heißt es in der Verfügung, da unter Ausländern nicht der Eindruck entstehen dürfe, daß es möglich ist, in Deutschland einen Raub zu begehen, ohne mit ausländerrechtlichen Maßnahmen rechnen zu müssen.

Eine „Ausweisungspflicht“ besteht für die Behörden nur dann, wenn ein Ausländer zu einer Strafe von mindestens fünf Jahren oder wegen eines Drogendelikts zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde.