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Muff und Moder und wenig Raum für Stadtplanung

■ Für viele Städtebau-Studierende ist die Technische Uni Harburg eher eine Stiefmutter

Vor dem Eingang des Seminarraums knäulen sich die Studierenden. Die Luft drinnen ist stickig, es riecht nach Moder, Schimmelpilzkulturen wuchern an den Wänden. Die TeilnehmerInnen des Studiengangs Städtebau/Stadtplanung der Technischen Universität Harburg präsentieren in dem Raum der ehemaligen Polizeikaserne ihre Semester-Projekte. In einem Jahr Gruppenarbeit zum Thema „Metropolregion Hamburg“ haben sie Kritikwürdiges am seit 15 Jahren gültigen Stadtentwicklungskonzept erarbeitet und sich an Alternativen versucht. Doch eine Vorstellung der Ergebnisse oder eine Diskussion darüber läßt der Raum kaum zu. Nicht mal 30 Menschen passen hinein, viele bleiben draußen vor der Tür.

Bis Anfang des Jahres fanden in der alten Kaserne am TU-Campus-Rand auch noch Lehrveranstaltungen statt. Mittlerweile steht dafür ein neues Provisorium zur Verfügung: eine ehemalige Schule, einen Kilometer vom Campus entfernt, die die Schulbehörde aber im Jahr 2000 wiederhaben möchte. Bis dahin soll ein Neubau fertig sein, in den die Städtebau/Stadtplaner miteingeplant sind.

Nicht zuletzt wegen der räumlichen Situation fühlen sich einige der 200 angehenden StädtebauerInnen an der TU eher als Anhängsel der prestigeträchtigeren Technik-Bereiche. Eine Einschätzung, die ihre ProfessorInnen weit von sich weisen: „Wir sind mittlerweile ganz gut integriert und anerkannt“, sagt der Professor für Städtebau und Stadtgeschichte, Dittmar Machule. Daß die alte Polizeikaserne noch genutzt werde, liege nicht an der Geringschätzung des Studiengangs, sondern: „Professoren und Fachschaft haben darum gekämpft, das Gebäude zu behalten, da dort jede Projektgruppe ein Jahr lang einen eigenen Raum zur Verfügung hat, der ohnehin nur einmal in der Woche genutzt wird. Wo ist das sonst schon möglich?“ Doch im September wird es selbst mit diesem mageren „Luxus“ voraussichtlich vorbei sein: Der Mietvertrag für das Gebäude läuft aus.

Neben der räumlichen Misere bereiten den StudentInnen auch die Gedankenspiele der Wissenschaftsbehörde Sorgen, aus Kostengründen die drei Hamburger „Architektur“-Bereiche zusammenzulegen. Schon die studentischen Projektarbeiten zeigen: Es geht nicht um Statik und Konstruktion oder Typologie von Einzelgebäuden wie in der Architektur. „Wir beschäftigen uns mehr mit den politischen und wirtschaftlichen Motiven des Siedlungsbaus oder fragen, wie sich die Gestaltung von Quartieren auf das Zusammenleben der Bewohner auswirkt“, erklärt Fachschaftsrat Holger Adam.

„Es gibt an der Technischen Universität Harburg keine Architektur-Ausbildung“, bekräftigt auch der leitende Verwaltungsbeamte der Hochschule, Justus Woydt. Der Hauptstudiengang „Städtebau/Stadtplanung“ habe eine ganz andere Ausrichtung und entsprechend auch eine andere Prüfungsordnung. „Bei Elektrotechnik und Maschinenbau kommt auch keiner auf die Idee, diese Bereiche zusammenlegen zu wollen“, kommentiert Woydt Sinn und Unsinn einer Verbindung der TU mit den Architektur-Fachbereichen der Fachhochschule und der Hochschule für bildende Künste.

Die Studierenden befürchten, bei einer Zusammenlegung käme der wichtige gesellschaftliche Aspekt von Städtebau zu kurz. Nachdem „Stadtplanung“ in Oldenburg weggespart wurde, ist die TU die einzige norddeutsche Hochschule mit diesem Angebot.

Patricia Faller

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