Refugium für Enten

„Kulturdenkmal“ Vogelkojen auf Föhr: „Selektive Jagdstätte“ statt Massenfanganlage  ■ Von Jens-Hinrich Binder

„Aus den Massenfanganlagen ist eine Ruhezone geworden“, beschreibt Heie Sönksen-Martens die Veränderung in den alten Vogelkojen auf der Insel Föhr. Zwar seien die Entenfanganlagen auch „selektive Jagdstätte“, wo aber nur eine kleine Zahl nicht geschützter Stockenten jährlich schnell und schmerzlos getötet werde. Sie bieten aber auch, sagt Sönksen-Martens, Tagesruheraum für Enten und Wildvögel, die in einem Umkreis von 300 Metern landeinwärts nicht bejagt werden dürften. Und ein Habicht und ein Kolkrabe haben die Föhrer Vogelkojen als Brutstätte entdeckt.

Die Entenfanganlagen, seit dem 18. Jahrhundert nach holländischem Vorbild entlang der deutschen Küste angelegt, erregen seit Jahren die Gemüter. Mit mehreren Naturschutzverbänden, die sich vehement gegen den Fang in den Kojen gewandt hatten, hat die „Interessengemeinschaft Föhrer Entenkojen“, die Sönksen-Martens als Bevollmächtigter vertritt, jetzt einen Dialog begonnen, um die verhärteten Fronten aufzulockern. Auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Rainder Steenblock (Bündnis 90/Grüne) hat bereits eine der beiden Vogelkojen in der Oevenumer Marsch auf Föhr besucht.

Verstärkt wollen die Eigentümer jetzt den Blick auf die kulturhistorische Bedeutung der Vogelkojen lenken, die für Besucher nicht zugänglich sind. Zahlreiche Dokumente haben sich seit 1727 erhalten, als Oevenumer Einwohner nach Holland reisten, um sich für ihre Vogelkoje – die erste in Nordfriesland – Rat und Hilfe zu suchen. Lizenziert vom dänischen König, begann die Fanganlage ihren Betrieb. Damals bestand sie aus einem Teich, einem Kojenwärterhäuschen und „Fangpfeifen“, sich verjüngenden, nach oben gegen Ende hin verschlossenen Kanälen, an deren Enden der Fänger die durch zahme „Lockvögel“ geköderten Enten erwartet.

Umfangreiches Aktenmaterial hat Sönksen-Martens in seinem Haus zusammengestellt, das heute ein Museum zur Heimatgeschichte beherbergt. Dazu gehört auch die Satzung der „Neuen Oevenumer Vogelkoje“ vom 2. Januar 1794, die immer noch in Kraft ist. Gegründet von acht Insulanern, ist das Kojeneigentum noch heute eingeteilt in acht „Parten“, die zwar zerteilt sind, aber noch von je einem Vertreter präsentiert werden. Nur in den alten Eigentümerfamilien dürfe ein Part verkauft oder vererbt werden, berichtet Sönksen-Martens – das habe die Kojen bis heute vor Spekulation bewahrt. Das Eigentum wechselt noch immer den Besitzer nur durch Eintrag ins „Kojenbuch“, das der Buchhalter verwaltet, die Parten der beiden Kojen sind nicht ins Grundbuch eingetragen.

Um dieses Erbe auch für die Zukunft zu sichern, haben die Eigentümer der beiden Fanganlagen diese als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung für die Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte der Insel Föhr“ ins Denkmalbuch des Landes eintragen lassen. Nächstes Ziel ist für Heie Sönksen-Martens die bereits beantragte Anerkennung als „Weltkulturerbe“ durch die Unesco. lno