Erinnerungen

Mann, war da wieder was los an mein' Kiosk! Die meisten vonne Kunden habn sich de AVIS geholt, weil man da an besten den Müll annonciern kann, wo man zu Weihnachten mit zugekackt worden ist. Aber auch „Stern“, „Spiegel“ und „Locus“ gingen ab, denn in diese Blätter sind immer de Rückblicke in mitte wichtigste Geschehnisse von' letzten Jahr, und falln se ein' bei de Lektüre sofort wieder ein. Zun Beispiel, daß Mutter Theresa krank, aber denn doch wieder gesundgeworden ist. Daß Herr Scharping bein Fahrradfahrn verunglückt ist und sich danach sein' Vollbart abgehängt hat. Daß der Papst immer noch lebt, aber Martschello Mastrojanni leider nicht mehr. Ein Wahnsinns-Intresse bei de Kundschaft! Und ist de Illu-Brangsche auch de einzigste, de wachstumsmäßig zulegt. In' Gegensatz zu de Bereiche Bauindustrie, Versicherung', Bankwesen, Post, Kur- und Heilindustrie ... da kann man ganz schön pessimistisch werden, wenn man zu diese Bereiche gehört. Bei mir an' Kiosk warn de Gespräche vonne Kunden aber che gehört. Bei mir an' Kiosk warn de Gespräche vonne Kunden ausgesprochen posetiv ... und kam bestimmt vonne aufbauende Erinnerung' anne Feiertage. „Ich gehe an jedem Sylvester zum Hafen, zu den Landungsbrücken“, schwärmt zun Beispiel Revierförster Noske, und hat er sich mal wieder prächtig amesiert. Denn diesmal hat er da ein neues Gerät getestet, das de Polezei von' BKA übernomm' hat. Das ist son klein' Apparat, den man ganz harmlos inne Jacken- oder Hosen-tasche stecken und an' Leibriem' oder an' Hosenträger verankern muß. Und wenn nu so'n Taschendieb inne Hose oder Jacke reingreift ... und für diese Herrn Krimmenelln ist der Landungsbrücken-Treff an' Sylvester ja das absolute Paradies, weil sich da Hunderttausende von Hamburger drängeln, die alle hinterher auffen Kiez noch ein' losmachen wolln ... also, sobald so'n Taschendieb in 'ne Tasche greift, da klappt das Gerät aussenander und schnappt zu mit seine scharfe Hakenzähne! Aber wie! Läßt nicht wieder los! Und stößt gleichzeitig ein' durchdringenden Heulton aus. Revierförster Noske hat an' Sylvesterabend jedenfalls 18 Taschendiebe geschnappt. Jungunternehmer Aschler schüttelt den Kopf: „Das wäre nichts für mich. Kriminalität erlebe ich im Geschäftsleben das ganze Jahr über, zu den Festtagen möchte ich GENIESSEN!“ Naja, nu kennt er alle Feinschmeckerläden bis nach Hannover runter. Von ein' Suffleh aus junge Mäuse, mit Heidehonig abgewürzt, bis hin zu Holsteiner Schwarzsauer mit kandierte Kaulquappen ist ihn keine exotische Speise mehr fremd. „Aber“, sagt er, „nichts ist mit der Erbsensuppe zu vergleichen, welche die Heilsarmee Heiligabend austeilt, höchstens noch die Frikadellen, die man beim Pik-As serviert bekommt ... oder hieß der Laden Herz-As?“ Wie gesagt, soviel an Raffinesse bringt sogar Herr Siebeck von' „Stern“ nicht! Herr Studienrat Arnold verbringt de Festtage immer bei de Nichtseßhaften, de unter de Hamburger Brücken Platte machen. „Da bekomme ich dann eine Ahnung von dem Gefühl, das die Hirten von Bethlehem auf dem Felde gehabt haben müssen unter dem freien, sternklaren Himmel“, hat er mir erzählt. Er hat denn ja auch alle Brücken abgeklappert, aber nirgendwo hat er 'n Berber aufgetan. Bis nach Elmshorn hoch mußte er fahrn, damit er zu sein' Erlebnis komm' konnte. Berber Harald hat uns aufgeklärt: „Wir sind umme Feiertage rum ja immer irgendwo eingeladen.“ Jedenfalls: Harald war diesmal bei eine Familie Piech zu Gast. „Die solln ja wahnsinnig Kohle haben“, sagte Harald, „aber so bescheiden, wie die gegessen habn! Und hat der Hausherr: daß de Familie sich wohl in Zukunft sehr einschränken muß. Und da will er se jetzt schon für träniern ...“