Betrugsverdacht an Uniklinik

■ Hochschullehrer hat Personal von Universitätsklinik Rudolf Virchow in privatisierter Praxis eingesetzt. Grüne werfen Wissenschaftsverwaltung Bagatellisierung vor und fordern disziplinarische Maßnahmen

Ein Hochschullehrer an der Humboldt-Universität hat Einrichtungen und Personal des Uniklinikums Rudolf Virchow für seine privatisierte Praxis in Anspruch genommen. Dies hat die Senatsverwaltung für Wissenschaft eingeräumt. Wie aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des bündnisgrünen Abgeordneten Bernd Köppl hervorgeht, sind „im Einzelfall“ Mitarbeiter des Virchow-Klinikums als Vertretungskräfte in der privatisierten Praxis beschäftigt worden. Die Unkosten, so die Senatsverwaltung für Wissenschaft, müssen dem Virchow- Klinikum nun erstattet werden.

Bei dem Beschuldigten handelt es sich um den Lehrstuhlinhaber für Pathologie, Professor Sigurd Blümcke. Seine pathologische Abteilung des Krankenhauses Neu- Westend wurde nach deren Fusion mit dem Virchow-Klinikum privatisiert. Zwei Oberärzte des Klinikums ließen sich in Westend nieder. Geleitet wurde die neugegründete Praxis weiterhin durch Sigurd Blümcke. Durch seine „Doppelfunktion“, so Köppl, sei „ein Großteil der Kosten von der Privatpathologie Westend in das Rudolf- Virchow-Klinikum verschoben“ worden.

Wie die Senatsverwaltung einräumte, seien Präparate und Chemikalien des Instituts „in einer Übergangsphase durch eine vom Virchow-Klinikum beauftragte Fremdfirma zu Lasten des Instituts“ entsorgt worden. Das Institut habe inzwischen selbst eine Firma mit der Entsorgung beauftragt.

Köppl erhebt weitere Vorwürfe: Es sei „fleißig die Portomaschine der Uniklinik für die private Praxis genutzt“ worden. Im Virchow-Klinikum seien auch Schreibarbeiten für die privatisierte Praxis erledigt worden. Weiterhin habe diese im Briefkopf „eindeutig illegal“ den Namen Humboldt-Universität geführt. In der Antwort auf die Kleine Anfrage erklärt die Senatsverwaltung für Wissenschaft allerdings, derartige Unregelmäßigkeiten seien „nicht bekannt“.

Doch Köppl gibt sich damit nicht zufrieden: „Ich habe eindeutige Informationen, daß auch die anderen Vorwürfe zutreffen. Die Sache ist unzureichend untersucht worden.“ Offenbar sei die Anfrage lediglich an die Universitätsleitung weitergereicht worden, jene habe sich nicht ausreichend darum gekümmert. Köppl fordert, daß disziplinarische Maßnahmen gegen die Verantwortlichen ergriffen werden. Die nachträgliche Wiedergutmachung des finanziellen Schadens sei nicht ausreichend. Die Antwort der Senatsverwaltung betrachtet er als eine Bagatellisierung der Vorkommnisse.

Kerstin Schneider, Sprecherin der Senatsverwaltung für Forschung und Wissenschaft, widerspricht diesem Vorwurf: „Die Sache ist für uns noch nicht abgeschlossen.“ Eine genauere Untersuchung sei bisher lediglich aus Zeitgründen nicht möglich gewesen. „Die Vorwürfe werden noch in dieser Woche in der Finanz- und Wirtschaftskommission der Humboldt-Universität thematisiert.“ Holger Wicht