Gebeutelter HSV geht auf Tauchstation

■ Wirtschaftsprüfer sollen bis Anfang April für Durchblick beim Chaos-Club sorgen

Die gute Laune war Volker Lange gestern vormittag vergangen. Am späten Donnerstag abend noch hatte der 2. Vorsitzende des HSV hingegen fast ausgelassen gewirkt. Nach der für die attackierte Führung erfolgreich verlaufenen zweieinhalbstündigen Aufsichtsratssitzung („keine Kritik an der Arbeit des Vorstands“) war der Vize zusammen mit seinen Kollegen ein wenig feiern gegangen.

Gestern gab es kein joviales Schulterklopfen und kein gepflegtes Pils. Das lag vielleicht daran, daß Frohnatur Uwe Seeler bei der Pressekonferenz im Elysee-Hotel fehlte, weil der HSV-Boß gerade seine Gattin Ilka vom Flughafen abholte. Vermutlich hätte aber auch „Uns Uwe“nicht aufmuntern können.

Die Stimmung ist beim HSV nachhaltig verdorben. Selbst die erneute öffentliche Vertrauenserklärung des Aufsichtsrats sorgte bei niemandem für Aufhellung – für Erhellung schon gar nicht. Auch nach dem Treueschwur der Kontrolleure ist unklar, ob sich die HSV-Oberen bei ihren Fanartikel- und Immobilien-Geschäften mit dem Verein persönlich bereichert haben.

Für den nötigen Durchblick soll nun die Hamburger Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft „KPMG“sorgen, wie gestern der Aufsichtsratsvorsitzende Udo Bandow verkündete. Dem Gutachten, dessen Ergebnis bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung am 7. April vorliegen soll, sieht Bandow gelassen entgegen. „Es wird nichts drinstehen, was das Eingreifen des Aufsichtsrats nötig macht“, prophezeit der Banker, der die HSV-Führungsmänner „bewundert“. Ob das Prüfungsergebnis veröffentlicht wird, ist jedoch nicht sicher: „Vielleicht die Quintessenz.“

Ohnehin geht der HSV auf Tauchstation. So wurde noch einmal allen Beteiligten eingebleut, daß sich außer den beiden Aufsichtsratsvorsitzenden kein Mitglied des Gremiums mehr in der Öffentlichkeit über das Geschehen beim HSV auszulassen habe.

Eine Maßnahme, die vorerst Wirkung zeigt. „In der nächsten Zeit werde ich mich nicht mehr äußern“, sagte Jürgen Hunke gestern zur taz. Zuvor hatte der ehemalige HSV-Präsident „mehr Transparenz“gefordert und den Vorstand kritisiert.

Seeler-Stellvertreter Lange ist nach der „ausgesprochen schönen und offenen“Sitzung (Bandow) „hundertprozentig davon überzeugt“, daß in Zukunft Konflikte intern gelöst würden: „Der Wille zur Kooperation ist vorhanden.“In den schwebenden Gerichtsverfahren scheint der HSV jedoch weiter auf den Konfrontationskurs zu setzen. „Für einen Vergleich ist es vielleicht schon zu spät“, meinte Lange.

Kommenden Freitag geht es vor dem Landgericht um den Einspruch des ehemaligen freien Mitarbeiters Frank Frede. Per einstweiliger Verfügung war Frede untersagt worden, weiter zu behaupten, Seeler habe eine Lagerhalle zu einem überhöhten Preis an den HSV vermietet. Am Montag darauf ist der Gütetermin im Arbeitsgerichtsprozeß zwischen dem HSV und seinem fristlos entlassenen Marketing-Chef André M. Klöpper. Clemens Gerlach