■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Der Nosferatu der Neunziger

Goldene 20er Jahre, da war Bremen noch Filmstadt. Als F.W. Murnau seinen untoten „Nosferatu“ein „schön ödes Haus“in Bremen suchen ließ, und als das Monster die armen HanseatInnen aussaugte. Bremen kann hoffen! Wir erleben nämlich gerade die Demumifizierung des Stoffs. Ein politischer Untoter wandelt, der Nosferatu der Neunziger, das schön öde Haus inklusive.

Reinhard Barsuhn, Ex-Hafenkapitän, war bis zur letzten Bürgerschaftswahl stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD (10.000 Mark im Monat). Aber er war auch ein verbitterter Mann. Ende der 80er hatte er Direktor der Bremer Straßenbahn AG werden wollen (15.000 Mark), wurde es aber nicht, schon weil er nicht die Bewerbungsvoraussetzungen erfüllte. Barsuhn war vergrätzt. In der Ampelzeit war er von Anfang an einer der Heckenschützen, die aus dem Dunkel der Wahlkabine gegen die eigenen Leute schossen. Resultat: Die Sozis stellten ihn nicht mehr auf. Kurz nach der Wahl trat er aus der SPD aus.

Der Mann war politisch tot, also mußte er wieder arbeiten gehen. Bloß wo? Als Hafenkapitän wurde er nicht mehr gebraucht, so landete er im Häfenressort von Onkel Beckmeyer (SPD) – und wurde prompt kaltgestellt. „Der hat da bloß Bleistifte gezählt“, heißt es beim Häfensenator. In der Öffentlichkeit hat das niemand mitgekriegt. Bis am letzten Montag in der taz stand, daß der Ex-Sozi bei der CDU eingetreten ist. Warum bloß?, hat sich das Publikum gefragt. Zu Hilfe! hat es gerufen. Und sich gegruselt. Ein Zombie schleicht durch die Stadt!

Die Frage nach dem Warum können wir beantworten, sogar die nach dem Warum jetzt. Am Dienstag ist der barsuhnsche Aufnahmeantrag im CDU-Haus eingetroffen, und just am selben Tag hat Nosferatu Barsuhn ein neues schön ödes Haus gefunden. Er sitzt bei Bausenator Bernt Schulte (CDU) in der Verkehrsabteilung und macht da „schlichte Verwaltungsarbeit“. Zu mehr hat's nicht gereicht, aber das hat die Dankbarkeit des Neo-Unionisten nicht geschmälert. Wo sich doch Schulte bereit erklärt hatte, Barsuhn zu übernehmen, weil Beckmeyer ihn loswerden wollte.

Wie geht der Film nun weiter? Wer wird nun ausgesaugt? Denn Karriere macht Barsuhn nicht. „Wenn wir noch einen holen, dann muß das ein echter CDUler sein“, heißt es aus der Ressortspitze. „Und kein Konvertit.“Muß Barsuhn also wieder in die Gruft zurück? Demnächst in diesem Theater, Ihre Rosi Roland