Dafür geht man gern in den Wald

■ betr.: „Spenden für die Bezirks kassen“, taz vom 5. 4. 97

Kinderwagen werden nur etwa ein halbes Jahr gebraucht und müssen nicht unbedingt neu und teuer sein. Angesprochen ist wohl eher die Tendenz, vor keiner Einsparungsschnapsidee zurückzuschrecken. Zum Glück liest niemand die Kommentare zum BSHG. Dort stand schon vor Jahrzehnten, daß die Gemeinden keine Brennstoffbeihilfe zu zahlen brauchen – weil sie die Armen an den Förster verweisen können: er verkauft ihnen einen Holzleseschein für eine geringe Gebühr, und sie dürfen dann das im Wald herumliegende Holz auflesen. (Auch das ist genau reglementiert: nur Äste bis 5 Zentimeter Dicke usw.)

Das stand schon in einem Urteil von 1963, an das man sich bisher nur im Landratsamt Bamberg erinnerte (zu Weihnachten 1979): Im Wald lägen ausreichend Reisig sowie Fichtenzapfen. Inzwischen ist der Trend umgekehrt: Die Behörden betteln die Bürger an. Ob es Schulräume sind, die von den Eltern aufzufrischen sind, oder „Patenschaften für Springbrunnen“ – überall wird der Hahn zugedreht und die Hand aufgehalten („Fundraising“ heißt das jetzt). Etwa die offene Bitte per Aushang im Sozialamt, man möge eine Waschmaschine für eine öffentliche Einrichtung stiften. Der Staat wendet sich auf vielfältige Weise an seine immer mehr notleidenden Bürger.

Wie sollte er auch anders, wo diese Regierung doch die Vermögensteuer streicht, die Einkommensteuer – vor allem bei den hohen Einkommen – senkt, große Steuerschulden nicht eintreibt und dennoch weiter Unnützes bauen läßt: Tiergartentunnel, Transrapid, Regierungsbunker, Kampfflugzeuge. Dafür geht man doch gern in den Wald. Frank Flechtmann