Heilige Nachgeburt

■ Lisa Fitz und Ali Khan begeistern beim Kabarett Festival mit „Kruzefix“

Eben noch mit gütigem Blick ins Publikum an ihrem goldenen Plunder nestelnd, stemmt sie plötzlich den Arm in die Hüfte, stampft auf und fegt über die Bühne. 2000 Jahre haben auch die Heilige Mutter verändert. „Ein Topmanagerjob ist das – mit Putzfrauengehalt“, flucht sie. Während die gestreßte Maria das Erdenchaos von oben zu ordnen versucht, haben die unten nichts besseres zu tun als über Kruzifixe zu streiten. „Hätt' ich abgetrieben, hätt's gar niascht zum Abhänge g'habt“, konstatiert Maria alias Lisa Fitz. „Die Kirche ist eine Nachgeburt. Den Säugling lassen sie verhungern. Die Nachgeburt ziehen sie groß“, seufzt sie über die lebensverneinende Logik der patriarchalen „second hand relitschn“.

Nachdem die Powerfrau und bayrische Kabarettistin mit Heil die Esoterikszene auf die Schippe genommen hat, rückt sie nun katholischer Frömmigkeit und allen Arten religiöser Scheinheiligkeit zu Leibe. Kruzifix heißt ihr neues Programm, bei dem sie erstmals zusammen mit Ali Khan auf der Bühne steht. Als es Ferdl (Ali Khan), dem Lieblingsengel der Heiligen Mutter und des Guten längst überdrüssig, ganz dialektisch in die Unterwelt zieht, bleibt ihr nichts übrig, als ihm zu folgen. Derweil brilliert Ali Khan, nebenbei sein Können als virtuoser Rockmusiker unter Beweis stellend, als gefallener Engel: Mit kunstvoll herausgestrecktem Oberkörper gockelt er, zum Supermacho mutiert, über die Bühne. „Jeder Glaube ist ein repressives Herrschaftsinstrument“, entlarvt Maria alias Lisa Fitz, der Himmel ist unbewohnt und der Teufel bloße Projektion .

Lisa Fitz ist ein Feuerwerk. Anarchistisch und erotisch, stark und mit einigem Charme bringt sie ihre Botschaft rüber: Statt beten selber denken, Leute. Und keine Angst vor der eigenen Lebenslust! Aber hatten wir das nicht schon? Ein bißchen weniger Moral zu guter Letzt hätte es auch getan.

Sabine Schrader

heute, 19.30 Uhr, Kampnagel, k6