„Dörner raus“-Gesang Gesang

■ Fortuna Düsseldorf brachte Werder am Samstag kein Glück / RB2-Moderator Walter Langlott war beim 1:0 für Bremen dabei

örner raus – Dörner raus“– So wütend und so lautstark hatten die frustierten Werder-Anhänger noch nie den Rausschmiß ihres Objektes der Beschwerde angemahnt wie am Samstag im letzten Heimspiel gegen die Absteiger aus Düsseldorf – obwohl Werder 1:0 gewann. Aber das Ergebnis des Spiels interessierte niemanden mehr: Es war ein unverdienter Sieg im Kampf um die goldene Ananas und um die Vorherrschaft im grauen Mittelmaß.

Das letzte Heimspiel des SV Werder vor ausverkauftem Haus war das Spiegelbild einer indiskutablen Saison. Die gellenden Pfiffe und die „Dörner raus“-Gesänge sind die verdiente Quittung der zahlenden Kundschaft. Weniger für das Verfehlen des Saisonziels UEFA-Cup, sondern vor allem für die erbärmliche Spielkultur des einstigen Europapokal-Siegers, die allenfalls zweiklassig war. Dafür wird der „Beckenbauer des Ostens“Hans Jürgen Dörner zurecht verantwortlich gemacht von den treuen Fans der Grünweißen – auch wenn seine Mannschaft den Mist auf dem Rasen macht.

Ein Armutszeugnis seiner Trainerkunst stellte sich Dörner einmal mehr an diesem Spieltag aus: Erst wechselte er den beliebten, aber erfolglosen Angreifer van Lent gegen den Mitläufer Wiedener aus, um das armselige 1:0 zu retten. Das brachte die Fans erst so richtig in Rage. Dann nahm er Minuten später auch noch den diesmal ganz passabel umherhüpfenden Flo vom Feld und brachte Hobsch! Den Mann aus Leipzig, den Werder zurecht dringend wieder loswerden will. Christian Brand, das torgefährliche Talent, durfte weiter auf der Ersatzbank schmoren. Das ist eine Trainerleistung, die den Goldenen Hasenfuß verdient hätte.

„Wer den Ball hat, ist bei uns der Dumme“, sagte Jens Todt am Samstag nach dem Spiel. Ähnliches hatte er vor einem halben Jahr nach einem miserablen 0:0 Spiel gegen den HSV schon mal gesagt. Da fragten sich auch die Promis in den VIP-Logen: „Was hat Dörner bloß aus dieser Mannschaft gemacht?“, während sie auf ihren bequemen Sesseln unruhig hin und her rutschten und für das Spiel nur Kommentare fanden wie „grausam, schrecklich, langweilig“.

Damit dürften sie allerdings nur ihre leeren Champagner-Gläser ins Wanken gebracht haben. Nicht aber die Überzeugung des Werder-Präsidenten, daß Dörner der richtige Trainer ist. „Wir gehören taktisch und konditionell inzwischen zu den schwächsten Mannschaften der Bundesliga“, war unlängst sogar aus Spielerkreisen zu hören.

Da bleibt nur ein Saison-Fazit zu ziehen: Der Umbau des Weserstadions ist gelungen, der Umbau der Mannschaft aber nicht. Wird sich etwas verbessern? Mitnichten. Auch die Neuverpflichtungen versprechen träges und langsames Gekicke. Dieter Frey, schon vom FC Bayern nach Freiburg abgeschoben, weil er zu langsam ist, soll für neuen Schwung auf der rechten Seite sorgen. Bernhard Trares, ein Sammler roter Karten und bei 1860 München ausgemustert, soll die Defensive stabilisieren, zusammen mit Dörners Schwiegersohn von Energie Dingsbums (wie heißt er noch gleich?). Und ausgerechnet ein Schweizer soll die Löcher in der Werder-Abwehr stopfen. Ist doch Käse. Wenn dann auch noch Herzog nach Spanien gehen sollte ...

Das war's dann wohl. Dann winken Meppen und Greuterfürth statt Madrid und Samptoria Genua. Warum wohl, so sollte man sich bei Werder lieber fragen, sind in der Spielzeit 96/97 soviele Zuschauer ins Weserstadion gekommen wie niemals zuvor? Weil sie Unterhaltung suchen, Urlaub vom grauen Alltag, Lust statt Frust und grandiosen Ballzauber. Auch wenn mal verloren wird.

Wie Ballspielkombinat und Aktivist Schwarze Pumpe Senftenberg fühlt sich dagegen an, was der „Beckenbauer des Ostens“aus Werder gemacht hat. Oder anders formuliert: „Fußball ist harte Arbeit und muß den Spielern keinen Spaß machen. Dazu ist das Geschäft zu ernst“, so ein Zitat von Werder-Trainer Dixi Dörner bei einer Pressekonferenz am 2. November 1996). Na dann: Gute Nacht „Otelo“.

Walter Langlott