Unterm Strich

Der Kongreß tanzte: Ziemlich erfreut konstatierte man gestern auf dem 2. Deutschen Musical-Kongreß, es gehe in großem Stil aufwärts mit jungen deutschsprachigen Musicalmachern, deren Projekte „bislang fast keine Chance hatten. Doch ihr Elan ist groß und ihr Ideenreichtum kaum zu überbieten.“ Nun können das mit Fug und Recht auch andere von sich sagen, und dennoch setzt es sich nicht in klingende Münze um, nicht wahr. Ein Schweizer Komponist, Olivier Truant, der beim Kongreß sein Musical erstmals öffentlich präsentierte, betont: „Es wird Zeit für neue, frische Leute und Ideen. Auf dem deutschen Musical- Markt wird mit eingekauften Großproduktionen nur noch abgezockt.“ In dieser Lage müsse man dazu übergehen, ausgediente Dinosaurier des Musicals zu stürzen. Dabei, so war man sich einig, haben die „schlichteste Liebesgeschichte, der gnadenloseste Klamauk, aber auch schwierigste Menschheitsprobleme“ ihre Chance. Der Sound soll von „klassikähnlichen Klängen über Jazz und Blues zu Rock und Pop“, also allerhand eben noch eingestürzten Dinosauriern reichen. Sogar das Problem der Gentechnik wird mutig aufgespießt im Musical „Monstersound“ der Schweizer Klezmer-Band Kol Simcha. Darin bringt ein künstlich geschaffener Gitarrenvirtuose mit unwiderstehlichem Sexappeal und drogenfreiem Sozialverhalten eine Provinzband zum Erfolg, gerät am Ende jedoch außer Kontrolle.

Weniger frisch, aber ebenso ubiquitär ist Bram Stokers „Dracula“, der heute 100 Jahre alt wird. Ein New Yorker Liebhaberverein, gegründet 1965 von Jeanne Youngson (3.000 Mitglieder in aller Welt), will sich der Sache annehmen.

Den Vater aller Vampire kreierte der irische Autor Bram (Abraham) Stoker (1847–1912) auf der Grundlage volkstümlicher Vampirlegenden und historischer Berichte aus Siebenbürgen über die Grausamkeiten des walachischen Fürsten Vlad Dracul im 15. Jahrhundert. Die Gründerin war anläßlich einer Rumänienreise zum Fan geworden: „Der Touristenführer erzählte uns, was für ein toller Kerl der richtige Graf Dracula gewesen sei, obwohl ihm doch eher der Ruf eines Tyrannen vorauseilte. Einmal hätte er 10.000 Leute auf Stöcken aufspießen lassen, aber verglichen mit dem, was die Türken zur selben Zeit angerichtet hätten, sei das gar nichts gewesen.“

Die Vampirologin unterhält in der New Yorker Fifth Avenue ein kleines Dracula-Museum mit Erstausgaben, Vampir-Garfields, Schlafuhr mit tanzenden Fledermäusen bis zu einem Weihnachtsbaum mit 300 Vampir-Nikoläusen. „Manche Menschen wären ebenfalls gern unsterblich“, erklärt Youngson. Auf der dreitägigen Vampir-Konferenz im August in Los Angeles will Youngson auch ihr neues Buch vorstellen, in dem sie Geschichten von „Vampire-Wannabes“ veröffentlicht.