Bissige Ritualneurosen

■ Die Hamburger Theater Mafia gab im Altonaer Theater ein gelungenes Debüt mit der Komödie „Unter der Gürtellinie“

Dobbit hat einen neuen Job irgendwo am Ende der Welt. Der Inspekteur begibt sich widerstandslos auf die unterste Stufe der Hackordnung, buckelt und kriecht, so gut er kann. Trotzdem ist er für seinen wadenbeißenden Kollegen und Vorgesetzten Hanrahan, mit dem er Arbeits- und Schlafzimmer teilt, ein unliebsamer Konkurrent. Und Merkin, der Abteilungsleiter mit Chefallüren, sieht in ihm einen möglichen Aufwiegler.

Dabei ist Dobbit ein harmloser Mensch mit normal-weichem Rückgrat, der sich um Freundschaft winselnd an seine Widersacher klammert. Die Männer flüchten jeder für sich aus dem freudlosen Arbeitsalltag in sehnsüchtige Träume vom privaten Glück. Derweil gehen die Beziehungen zu den Ehefrauen im fernen Zuhause vor die Hunde. Die Situation eskaliert, als einer der Männer erfährt, daß seine Frau ihn verlassen hat.. Verliert die entbehrungsreiche Arbeit nun ihren Sinn oder ist sie längst zum Selbstzweck geworden?

Die Hamburger Theater Mafia hat mit ihrer Auswahl der bissigen US-amerikanischen Komödie von Richard Dresser ein gutes Gespür für ein hochaktuelles Thema bewiesen. In bewährter Tradition des einstigen Bader-Ehnert-Kommandos fühlt auch dieses Stück dem Zeitgeist auf den Zahn. Unter der Gürtellinie erzählt auf tragisch-groteske Weise, wie unmenschlich es in der Berufswelt heutzutage zugeht. Neudeutsches Stichwort: Mobbing. Die Angst um den Arbeitsplatz und den sozialen Abstieg führt zu einem bedingungslosen Existenzkampf.

Die geschliffenen Dialoge, die kurzweilige Montage der Szenen und nicht zuletzt das gekonnt-pointierte Spiel der Akteure machen das Stück zu einem lohnenswerten Theaterereignis. Das komödiantische Talent von Michael Ehnert (Hanrahan) und Kristian Bader (Dobbit) hatte bei der Premiere durchschlagende Wirkung: Szenenapplaus und kreischendes Gelächter begleitete die Aufführung. Gotthard Kuppel paßt gut in das schräge Trio, bleibt aber als Merkin – wohl auch stückbedingt – mehr Typ als Figur.

Gabriele Wasmuths schlüssige Bühnen- und Kostümgestaltung ist nicht nur Staffage, sondern Teil der Aktion. Die Inszenierung von Catharina Fleckenstein hat Tempo und ist durchweg unterhaltsam. Leider verblaßt hinter dem Feuerwerk an Situationskomik und Wortwitz der bitter-böse Tiefgang, den das Stück zweifellos hat. Aber in jedem Fall ist diese Produktion ein gelungenes Debüt der Hamburger Theater Mafia. Birgit J. Neumann