Mutige Muse mögen

Er hat so viel von „großem Mut“gesprochen, daß man den Eindruck gewann, er wollte sich solchen vor allem selbst zusprechen. Ulrich Waller, mit Ulrich Tukur Intendant der Hamburger Kammerspiele, kann seine Unsicherheit aber erklären: „Die Kammerspiele befinden sich in einer Übergangsphase. Natürlich sind wir da etwas nervös, weil wir uns fragen: Bringt man das Alte zu ende? Wie fängt man das Neue an?“

Ab dem 1. August werden Waller und Tukur mit ihrer neugegründeten „Hamburger Kammerspiele Theater Produktions GmbH“den Theaterbetrieb in der Hartungstraße in eigener Verantwortung übernehmen. Finanziellen Rückhalt sollen Paten geben, die die Kammerspiele durch Spenden oder zinslose Darlehen unterstützen. Stolz verkündete Waller auf der gestrigen Pressekonferenz, Thalia-Intendant Jürgen Flimm und Uni-Präsident Dr. Jürgen Lüthje zu den ersten Paten zählen zu dürfen und bereits 20 Zusagen für Darlehen von 10.000 Mark bekommen zu haben.

Auf das Programm der neuen Spielzeit haben die strukturellen Änderungen keinen Einfluß. „Die Zuschauer werden nichts merken“, beteuerte Waller, „sie werden uns nur entspannter durchs Haus gehen sehen.“Auch in Zukunft wird eine Mischung aus einigen klassischen Kammerstücken, einem Großteil leichter Unterhaltung und einem guten Batzen Kabarett gezeigt. In der laufenden Spielzeit brachte dieses Konzept ihnen 86.000 Zuschauer, das sind knapp ein Drittel mehr als in der vergangenen Spielzeit und entspricht einer Auslastung von 77 Prozent.

Die neue Spielzeit wird am 7. September mit einer bunten Gala eröffnet, die erste Premiere ist fünf Tage später mit einem musikalischen Programm: Dominique Horwitz singt Jacques Brel. Es folgen Das letzte Band (Regie: Ulrich Waller) mit Ulrich Wildgruber, Quartett (Regie: Eduard Erné) mit Elke Lang und ein Erich-Kästner-Abend von Mechthild Hinkelbein. Im Januar wird H.-C. Blumenberg, dessen Kunst-Inszenierung zu den erfolgreichsten der letzten Spielzeit zählt, After-Play von Anne Meara mit Hannelore Hoger auf die Bühne bringen. Dann zeigt der Spielplan erst mal Löcher, die bis zum nächsten Jahr natürlich gestopft werden sollen.

Festhalten wollen die Kammerspiele an der „Dichter in Hamburg“-Reihe, in der Mathias Wegner einmal monatlich Autoren vorstellt, sowie an der Zusammenarbeit mit der Uni für das „Die Wüste lebt“-Nachwuchsfestival und mit Kampnagel für das Kabarett-Festival. Erstmals wird auch mit dem Internationalen Sommertheater Festival kooperiert, das 1998 den Schwerpunkt „Israel“haben wird.

Christiane Kühl