Kinderpornographie per Mausklick

■ Amtsgericht verurteilt Studenten, der im Internet pornographische Bilder weitergab

Seine Kommilitonen haben ihm erzählt, wie man's macht. Dann hat er sein Wissen mit Hilfe einer Computerzeitschrift vertieft und sich im Rechenzentrum der Uni Göttingen Zugang zu einem Internetforum verschafft, um an Kinderpornographie heranzukommen. Gestern wurde der 27jährige Student, der obendrein zwei Bilder an einen Hamburger Journalisten weitergegeben hat, vom Hamburger Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. „Ich möchte, daß sie den Saal mit der Gewißheit verlassen, daß dieser Markt, für den Kinder keinesfalls abstrakt sondern real mißbraucht werden, durch Leute wie Sie entsteht“, begründete Amtsrichter Tobias Brauer sein Urteil. Das Gericht verhängte zusätzlich eine Geldbuße von 1.000 Mark.

Der junge Mann mit dem seriösen Erscheinungsbild, der kurz vor dem Examen in Betriebswirtschaftslehre steht, hatte die Taten spontan gestanden, als Kripobeamte im Oktober vergangenen Jahres seine Wohnung durchsuchten. Dort fanden die Ermittler insgesamt 32 Bilddateien, die der Student in der Uni vom Rechner auf vier Disketten runtergeladen hatte, „um sie zu Hause anzuschauen“. Im Rechenzentrum hätte es zu viele Augenpaare gegeben, die sich auf seinen Bildschirm gerichtet hätten.

In seiner Wohnung sortierte der Student die Bilder nach Kriterien wie „kidsex“oder „teensex“und legte entsprechende Verzeichnisse an. „Zuerst war ich entsetzt und erschreckt, daß da jeder rankommt“, versuchte der 27jährige dem Richter zu erklären und zupfte nervös an seinem Anzug herum. Auf die Frage nach pädophilen Neigungen antwortete er leise mit „nein“. Die Uni Göttingen hat ihm trotz der Anklage vom Oktober 1996 gestattet, sein Studium abzuschließen.

Die Ermittler waren dem jungen Mann auf die Spur gekommen, weil er im Internet Relay Chat (IRC) „kidsex“, einem einschlägigen Diskussionsforum, auf die Anfrage eines Journalisten reagierte und ihm zwei kinderpornographische Darstellungen lieferte. Die Redaktion der Computerzeitschrift wandte sich daraufhin an die Staatsanwaltschaft, die das digitale Bildangebot über Uhrzeit und Datum bis an den Arbeitsplatz des Studenten in Göttingen zurückverfolgen konnte.

„Wir haben im Internet große Probleme“, so der zuständige Staatsanwalt Georg Halbach. Die Ermittlungstätigkeiten seien jedoch seit den Vorkommnissen in Belgien enorm verstärkt worden. Einige Landeskriminalämter haben Homepages eingerichtet, bei denen Internetnutzer sich – auch anonym – melden können, wenn sie beim Surfen auf Pornos stoßen. In der Hansestadt existiert diese Möglichkeit bisher noch nicht.

Aus einer Studie des Kinderschutzbundes geht hervor, daß die einschlägigen chat-boxes im Internet pro Minute von 300 Menschen genutzt werden. Die Verfasser der Untersuchung haben klare Forderungen aufgestellt: So müßten etwa die Provider, also jene, die Zugang und Service zum Internet bieten, sogenannte Logfiles führen, Dateien also, anhand derer die Nutzer eindeutig identifiziert werden können. Außerdem sollte die Einrichtung von Kanälen, die ausschließlich der Verbreitung von Kinderpornographie dienen, verboten werden. Paula Roosen