Der Sinn fürs Grobe

■ Überhaupt nicht raffiniert – und trotzdem unumgänglich: Kool & The Gang

Am Anfang stand der Jazz. Sogar bei Kool & The Gang. Auch wenn das schwer zu glauben ist, weil sie die meisten eher als gefiederte Party-Truppe mit dröhnendem Karnevals-Funk in Erinnerung haben. Was ja auch nicht ganz falsch ist, denn in Klopfern wie Get down on it oder Ladys Night bewies das Ensemble aus New Jersey wahrlich wenig Raffinesse. Vielmehr bestach der gesamte Habitus der Band seit ihrer Blütezeit Ende der Siebziger durch Sinn fürs Grobe: Unter dem Einfluß von Earth, Wind & Fire und den Commodores funkelte das Spaß-Prinzip von Disco in nahezu alle Bereiche der Popkultur und reduzierte Texte auf rhythmische Zweizeiler.

Kool & The Gang zählten dabei zu den größten Entertainment-Profis der Black-Music-Szene, und immerhin haben sie auf dem Saturday Nightfever-Soundtrack mit den Disco-Göttern Bee Gees und Tavares um die Wette gegroovt.

Nur ein einziges Mal und wohl unbeabsichtigt wurden Kool & The Gang zum Politikum: Ihre Single Celebration wurde 1980 zur patriotischen Hymne jener Amerikaner, die aus der Gefangenschaft im Iran heimkehrten. Doch diese sonderbare Weihe täuschte nicht darüber hinweg, daß es bei Kool & The Gang in erster Linie um Erfolg, Glitzer und Platin ging. Sie kombinierten Soul-Modernität mit Heul-Litaneien und dazu die eine oder andere Schrittformation, wie sie die Temptations perfektionierten.

Und wahrscheinlich wäre ihre Geschichte nach dem Ausstieg von James Taylor vor acht Jahren zu Ende gegangen, wenn nicht einige geschichtsbewußte HipHopper auf die Idee gekommen wären, in den Annalen der Soulgeschichte nach sample-würdigen Momenten zu forschen. Dabei stießen sie auch auf die Jazz-Funk-Perle Summer Madness von Kool & The Gang, die seitdem zu den meistgesampleten gehört. Ob Montell Jordan oder Digible Planets – alle waren dran an der Band und haben ihr durch eine bewußte Produktionstechnik die eigene Geschichte zurückgegeben. Kool & The Gang sind jetzt wieder wer. Musiker mit Vergangenheit, einer guten.

Oliver Rohlf

Di, 12. August, 20 Uhr, Freiheit