■ Urdrüs wahre Kolumne
: Verräterische Stehpisser

Wer nach dem grandiosen Sentimentalereignis „KELLY FAMILY im Weserstadion“nicht allein mit sich und den Sorgen um den Kostenvoranschlagfür die Zahnprothese sein wollte, der tat am vergangenen Samstag prinzipiell gut daran, im asphaltliterarischen AKAS-Club nach gleichgesinnten Seelen zu suchen. Und dann muß man stundenlang & unfreiwillig dem kühn-tönenden Gesülze eines öd-hübschen Jünglings aus dem nachgelassenen Pappkarton von Hermann Hesse lauschen: „Also meditieren, das vollzieht sich bei mir und für mich ganz persönlich nur im Rahmen eines selbstbestimmten Rituals.“Dies predigt er derart hartnäckig, daß irgendwann selbst die durch und durch tolerante ehrenamtliche Tresen-Fee kapituliert und den Anwesenden verzweifelt jedes weitere Getränk verweigert, um endlich Ruhe zu haben. Denke, o Yogimann, stets an die Folgen Deines Tuns für jene, die davon unschuldig betroffen sind!

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Über den Tamagotchismus noch ein Wort zu verlieren, überlassen wir den ewig zu spät kommenden Kolumnisten von Weserkurier und Bäckerblume. Hinweisen aber wollen wir auf eine Empfehlung in der letzten Ausgabe des Bremer Compjuter-Magazins C A, wo eine Homepage unter dem ellenlangen Titel http://www.toymania.com/figurethis/trauma.html propagiert wird, deren Besucher zur „Dinner Time“ein virtuelles Haustier mit einer Gabel pieksen oder zusammentreten können. So haben wir uns die s/m-Praktiken der verpickelten Internet-User vom Kippenberg-Gymnasium immer vorgestellt!

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Mehr als einmal habe ich mit den Mächtigen dieser Stadt mehr als ein Bier zuviel getrunken im Bemühen, die verschüttete Leidenschaft zur Subversion auch in ihnen freizulegen. Und mehr als einmal habe ich neben leibhaftigen Bürgerschaftsabgeordneten, Senatoren und anderem Führungspersonal nächtens und öffentlich an Bankfassaden, Reiterstandbilder und Stadthallen-Pfeiler gepullert. Und niemals nicht habe ich von diesem Herrschaftswissen gemeinsamen Unfugs Gebrauch gemacht, mich vielmehr wie ein Beichtvater versiegelt. Sollte mir aber jetzt zu Ohren kommen, daß irgendeiner dieser Mitmenschen sich für die CDU-Initiative zum Verbot des öffentlichen Trinkens aktiv einsetzt, werde ich die Namen dieser verräterischen Stehpisser ohne jede Rücksicht publizieren. Erbarmungslos!

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Beim Einlösen eines Barschecks in der Sparkassen-Schalterhalle am Brill drängt sich ein mutmaßlicher Geschäftsmann an mir und anderen in der Warteschlange vorbei, sagt den saloppen Blödschnack „Sorry, ich hab's eilig“und wird vom Kassenbediensteten noch freundlich mit Namen begrüßt. Solche Asozialen, in der Tat, verärgern den schlichten Banckunden. Bekommen aber keinen Platzverweis und müssen sich ihr Geld nicht aus dem Automaten einer Sonderzahlstelle holen wie die Sozialhilfeempfängerin mit der feuchten Wohnung und den offenen Beinen. Dafür parken diese Kerle ihre Edel-Karossen auf den Wegen von Rollstuhl- und BuggyfahrerInnen, geben dem Toilettenmann kein Trinkgeld, weil sie leider nur eine Kreditkarte dabei haben, und hätten gern den Gerhard Schröder als Bundeskanzler. Ein Gezücht!

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Das original Papst-Autogramm, das kürzlich der hochverehrte Ex-Präsident Dr. Dieter Klink für seine Sammlung erhielt, wer hätte es nicht gern? Und biete ich dem lieben Dieter im Tausch die Original-Unterschrift der längst verstorbenen SPD-Gesundheitsministerin Käthe Strobel mit der persönlichen Widmung: „Mach weiter so, junger Genosse!“

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Neulich an der Kasse beim LIDL-Markt: „Frau Möller, kannste mal gucken, was die Melonen heute kosten?“Die Antwort: „Bei der Hitze ist das scheißegal, tipp einfach einsneunundneunzich ein und gut is!“So loben wir uns das Bündnis der Werktätigen gegen Streß und Schweiß bei 30 Grad im Schatten...

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Im Kleinanzeigenteil des anderen Bremer Tageblatts findet sich dieses verzweifelte Inserat: „Love Parade-Help! Habe 2 Std. Video meiner Tochter vom 12.7. „Viva“überspielt. Wer rettet unseren Haussegen und hilft gegen Bezahlung?“Wie groß mag die Dunkelziffer mißhandelter Eltern in diesem Lande sein? Fragt sich

Ulrich „Papa“Reineking