Bananenrepublik auf dem Großmarkt

■ Die überwiegend tamilische Belegschaft der Bremer Fruchtverpackungs GmbH im Großmarkt zittert um Arbeitsplätze – und wehrt sich trotzdem gegen frühkapitalistische Arbeitsbedingungen

Die Obstpacker der Bremer Fruchtverpackungs GmbH haben über ihre miesen Arbeitsbedingungen lange geschwiegen. Aus gutem Grund. „Wenn die überwiegend ausländischen Kollegen ihre Stelle verlieren, werden sie es auf dem Arbeitsmarkt richtig schwer haben“, sagt Heiner Schilling, Bremer Sekretär der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Dennoch sind die rund 26 festangestellten Fruchtpacker der Firma im Bremer Großmarkt jetzt in die Offensive gegangen. Mit einem neugegründeten Betriebsrat wehren sie sich dagegen, vom Arbeitgeber ohne jede Vorwarnung bis zu 14 Stunden am Tag eingesetzt zu werden, mitunter von morgens um zehn bis nachts um zwei oder seltener auch bis vier Uhr. Mitunter auch mehrere lange Tage in Folge – und alles ohne ausreichende Verpflegungsmöglichkeiten.

Nach Heiner Schilling verletzen derartige Arbeitsbedingungen gleich mehrere Gesetze – sicher aber den Paragrafen drei des Arbeitszeitgesetzes, wonach die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden nur in Ausnahmen und bei entsprechendem Ausgleich überschritten werden darf. Eine Ausgleichsregelung aber gebe es bei der Fruchtsverpackungs GmbH nicht. Ebensowenig wie Nachtarbeitszuschläge – oder überhaupt eine verbindliche Arbeitszeitregelung. „Erst vor kurzem wurde die Belegschaft nach ein paar Stunden Arbeit einfach nach Hause geschickt“, berichtet der Gewerkschafter von „Willkürmaßnahmen“der Geschäftsführung. Der Arbeitgeber zahle dann nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, auch erfolgten Lohnüberweisungen oft verspätet. Am Ostermontag sei sie sogar sogar ganz ausgefallen. „Als wenn man für die ausländischen Kollegen am christlichen Feiertag nicht zahlen müßte“, ist Schilling empört. Er hat auch gehört, daß kranke Beschäftigte von der Geschäftsleitung mit Kündigung bedroht wurden. Ein Betroffener bestätigt: „Die sagen, wenn du nach Hause gehen willst, weil du krank bist, sagen sie, brauchst du morgen nicht wiederzukommen.“

Auf eine derart lange Liste an schweren Vorwürfen reagiert die Geschäftsführerin der Bremer Fruchtverpackung, Christel Gerdes, verwundert. Eigentlich gebe es keine Probleme im Betrieb, sagt sie – oder wenn, sei man jedenfalls um eine Lösung bemüht. Nachdem Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite über die Arbeitsbedingungen mit Anwälten verhandeln, hat sich auch der Arbeitgeberverband eingeschaltet. „Aber daß Sie darüber in der Zeitung berichten wollen“, gefalle ihr nicht. Man müsse verstehen: „Unser Geschäft ist einfach hart.“Das Obst, das die Fruchtverpacker oft kurzfristig in die Packhalle geliefert bekommen, die im Haus von Harder und Meiser untergebracht ist, sei schließlich verderbliche Frischware. Und außerdem „machen die Holländer uns doch mit ihrer Flexibilität was vor“, sagt Gerdes. Wenn man da in Bremen nicht mithalten könne, gebe es „für den einzigen Kunden unseres Dienstleistungsunternehmens“auch andere Möglichkeiten.

Die Beschäftigten haben von einer Verhandlungsbereitschaft der Geschäftsführung unterdessen noch nichts zu spüren bekommen. Sie denken über Streik nach. „Wir wollen Freiheit“, sagen sie gegenüber der taz. Ihr Anwalt sei mit allen Vermittlungsangeboten an den Arbeitgeber bislang auf Granit gestoßen. „Gäbe es aber eine andere Lösung, wären wir froh“, sagen Betriebsratsmitglieder. Wie die Gewerkschaft fürchten sie eine mögliche Schließung ihrer Packstation. Der Ehemann der Geschäftsführerin habe noch zwei weitere Firmen. „Würde die Fruchtverpackung schließen, könnte man dort dieselbe Arbeit problemlos erledigen“, schätzt auch Schilling. ede