Erster Anlauf zum Etatentwurf

■ Statt des Senats hat der Koalitionsausschuß die Eckwerte des 98er Budgets aufgestellt. Grüne sagen: Verfassungswidrig

Die Eckwerte des schwierigen Landeshaushalts für 1998 stehen. Die Koalition hat sich in der späten Mittwochnacht geeinigt. Streitpunkte waren bis vier Uhr morgens die Höhe der Vermögensveräußerungen, die nun bei 6,08 Milliarden Mark liegen, und die Lottomittel, von denen rund 30 Millionen Mark für Jugendprojekte verwendet werden. „Das hätten wir auch eine Woche früher haben können“, kommentierte CDU- Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky die vierte Sitzung des Koalitionsausschusses binnen einer Woche. Nun muß der laut Verfassung dafür zuständige Senat den Etatentwurf formell beschließen.

Die bündnisgrüne Oppositionsabgeordnete Michaele Schreyer hat dieses Procedere der Regierungsparteien CDU und SPD „verfassungswidrig“ genannt. Schreyer kritisierte, daß der Koalitionssauschuß und nicht der Senat das Berlinbudget aufgestellt hat. „Ich habe in der Verfassung und in der Landeshaushaltsordnung gesucht – und ich habe keinen Koalitionsausschuß gefunden“, sagte Schreyer. Das Parteigremium sei „schlicht nicht legitimiert“, warf sie dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) in der Plenarsitzung vor. Diepgen antwortete, der Ausschuß sei Teil der parlamentarischen Demokratie.

Am Koalitionsausschuß nahmen auf CDU-Seite der Regierende und Innensenator Schönbohm, aus der Fraktion Landowsky und Liepelt sowie Generalsekretär Lawrentz teil; für die SPD diskutierten die Senatorinnen Fugmann-Heesing und Bergmann, die Abgeordneten Böger und Wowereit sowie SPD-Geschäftsführer Hartung und Parteivorsitzender Dzembritzki über Ausgaben und Einnahmen des Landes. Der Etat hat einen geplanten Ausgabenumfang von 43 Milliarden Mark; auf der Einnahmeseite klafft eine Lücke von 12 Milliarden Mark. Sie soll durch Kreditaufnahmen (4,8 Milliarden Mark) und Vermögensveräußerungen in Rekordhöhe geschlossen werden. Der Haushalt muß nun ins Parlament – das ihn noch kräftig ändern wird. Ein Etatexperte der SPD sagte der taz, man wisse derzeit noch gar nicht genau, „welche Schweinereien in den Einzeletats noch drinstecken“.

Das Nachsitzen der Koalition war nötig, weil die SPD-Seite darauf drängte, den Verkauf von Landesvermögen zu begrenzen. Um dies zu erreichen, gestand die CDU ein Rückfahren des Wohnungsbaus im Ressort von Jürgen Klemann (CDU) zu. Statt 1.500 Wohneinheiten werden nun maximal 1.300 im Jahr 1998 gefördert.

Im Gegenzug steckte die SPD bei ihrer Forderung zurück, die sogenannten Lottomittel in den Haushalt mit aufzunehmen. Dabei handelt es sich um Gelder in Höhe von rund 120 Millionen Mark jährlich. Bislang werden diese von einem sechsköpfigen Stiftungsrat vergeben. Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) hatte darauf gedrängt, die Mittel einer parlamentarischen Kontrolle durch den Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses zu unterziehen. Als Kompromiß einigte man sich darauf, 30 Millionen Mark der Lottogelder für Jugendförderung zu reservieren. Christian Füller