Ziemlich blutiger Comic-Sound von Killer-Mutanten

■ „GWAR“zeigte im Modernes die gewohnte Materialschlacht: Flüssigkeiten aller Art satt

Nein, renoviert werden sollte wohl nicht im Modernes. Vorsichtshalber hatte man am Mittwoch aber den ganzen Laden und auch das Personal hinter Plastikfolien verpackt, weil die Flecken nach „GWAR“-Shows ja immer so schlecht rausgehen...

Dafür kamen erstaunlich viele Fans in extra-weißen T-Shirts zur großen Spritzkanonen-Signierstunde – und mußten nicht lange auf die ersten Güsse warten: Die angekündigte Vorband „Turbo Negro“hatte kurzfristig abgesagt. Wie es hieß, „wegen Band-interner Probleme“, vielleicht aber auch, weil ihnen die saubere Wäsche auf der „GWAR“-Tour ausgegangen war. Stattdessen lockte „Mad Sinn“die Bremer Psycho-Szene für einen sehr knapp gehaltenen Support-Gig in die Neustadt.

Überpünktlich begann der Hauptact mit „GWAR“und ihrer Materialschlacht im „Dungeon“-Ambiente. Flott wurde nach kurzer Ansprache gleich ein erster „Sklave“geköpft, die ersten Kunstblut-Fontänen ins Publikum gegossen und die opulenten Kostüme der Monster-Liga präsentiert. „GWAR“sind nicht einfach eine Band. Sie sind außerirdische Killermutanten mit eigenem Heldenepos. In ihrer Show erzählen sie ihre Geschichte und machen halt auch Musik dazu. Eher unscheinbar sind die Instrumente, die aus den Gummi-Körpern herauslugen, sicherlich Mittelmaß ist der Metal-Punk, den sie zum Besten geben. Bei einem Eintrittspreis von 30 DM gab es also für 25 DM Kostüme und für 5 DM Musik. Aber die relevanten Sound-Passagen des „GWAR“-Kreuzzuges kommen sowieso vom Band. Und die Show aus Mord und Totschlag, Gut gegen Böse, Böse gegen Dinosaurier wird irgendwann langweilig, wenn man den Hintergrund der Saga nicht kennt.

Diese Saga erschließt sich am besten aus den Comic-Heften, die die Gruppe im eigenen „Slavepit“-Verlag produziert. „GWAR ist ein Gesamtkunstwerk“, sagt Hunter Jackson, als Comiczeichner mit verantwortlich für die Konzeption. „Wir machen alles selber, Comics, Kostüme, Videos...“. Und das mit großem Erfolg: Kein Geringerer als Steven Spielberg ließ sich von ihrer Show begeistern, und eines ihrer Videos war unter dem Titel „Phallus in Wonderland“sogar für den Grammy nominiert.

Doch in den Comics gewinnen die Figuren am deutlichsten Gestalt: „Oderus Urungus“, der „Sexicutioner“, „Techno Destructo“sind nur einige Namen Ihre Mission ist klar: Sie verkörpern das Böse auf der Welt und sollen die Menschheit versklaven. Wenn es sein muß, mit RockkonzertenWillig ließen sich auch die „Sklaven“im Modernes musikalisch, optisch und ästhetisch unterjochen. Da wurden Dino-Babies gepfählt und ihrer Gedärme entledigt, „Jungfrauen“durch Folterbänke geschoben und Päpste enthauptet, was das Gummi-Zeug hielt. Dabei ergossen sich immer wieder bunte Flüssigkeiten aus den Körperöffnungen der virtuellen Kombattanten.

Während – als Höhepunkt der Show – ein Dinosaurier noch die Mitwirkenden annagte, schätzten einige Mädchen am Ausgang schon den Schaden an Outfit und Kleidung: „Ich frag mich nur, welche Farbe das Sperma hatte?“, beäugte die eine ihr frisch-gebatiktes T-Shirt. Ihre Freundin schien erfahrener: „Wenigstens von der Haut geht das alles nach zwei Tagen wieder ab!“. Augenscheinlich zufrieden verließen schließlich Alt-Rocker und Metal-Fans in einheitlich rosa Waschmaschinen-Färbung die Veranstaltung. Daß man wirklich auf einem „GWAR-Konzert“gewesen ist, glaubt einem am nächsten Tag also jeder. Ein kurzer Blick auf Haut und Haare genügt.

Helene Hecke