„Dann trinke ich Bier aus Fanta-Dosen“

■ Auf dem Ziegenmarkt geht die Polizei gegen letzten Drogen-Treffpunkt vor / CDU-Antrag für Alkoholverbot wird im Beirat wohl scheitern / Im Viertel herrscht Ratlosigkeit: Was tun mit Junkies

Sie unterhalten sich nur wenige Minuten, dann gehen sie sofort auseinander – die beiden Junkies Thomas und Rainer (Namen von der Redaktion geändert) vom Ziegenmarkt im Viertel. Seit Frühjahr nämlich zählt dieser Platz zum Sondereinsatzgebiet der Bremer Polizei. Doch nicht nur das: In Zukunft soll hier öffentliches Trinken strafbar sein. Einen entsprechenden Antrag der örtlichen CDU berät der Beirat Östliche Vorstadt am kommenden Dienstag.

Seit die Stadt mit ihrer „Zerschlagungsstrategie“an Drogenschwerpunkten aufräumt, ist der Ziegenmarkt „der letzte Treffpunkt für Junkies, Obdachlose und Punks im Viertel“, weiß Frank Nerz von der Drogenberatungsstelle am Hauptbahnhof – und damit ein heißer Brennpunkt im Stadtteil. Grund genug für die Viertel-CDU, deshalb eine Initiative der CDU-Bürgerschaftsfraktion aufzugreifen. Denn die will – wie berichtet – das Ortsgesetz ändern lassen und neben öffentlichem Fixen und aggressivem Betteln jetzt auch öffentliches Trinken strafbar machen.

Bislang patroullieren täglich sechs Beamte der Sonderinspektion am Ziegenmarkt – auf Wunsch der Anwohnerschaft. Ein Runder Tisch hatte erst nach Alternativen gesucht. Doch mit Kneipen-Stühlen auf dem Platz, einem anderen Eingang für den Comet-Markt oder einem Bier-Verkaufsverbot in dem Supermarkt „hat es irgendwie nicht geklappt“, erinnert sich Ortsamtsleiter Robert Bücking. Jetzt sorgt die Staatsgewalt dafür, daß täglich nur noch fünf statt bisher 40 Junkies, Punks und Obdachlose vor Ort sind.

„Das nervt immer noch“, weiß aber der aktive Anwohner Christian Haisch. Von ihm organisierte Sit-Ins, um sich den Platz zurückzuerobern, hätten nichts gebracht. „Die Situation ist immer noch furchtbar unbefriedigend für alle“, faßt Ortsamtsleiter Robert Bücking die Lage vor Ort zusammen.

Die Junkies berichten von „brutaler Anmache“. „Die Bullen packen Dich an und schikanieren Dich, damit Du abdampfst“, sagt Junkie Thomas wütend. Und auch der Comet-Marktleiter hat die Nase voll: „Das geht so nicht weiter, und das haben wir auch schon dem Innensenator geschrieben. Die pinkeln weiter hier herum und zerschlagen Scheiben.“Selbst wenn er kein Bier mehr verkaufen würde, „versorgen die sich woanders.“

Doch im Viertel befürchtet CDU-Beiratssprecher Michael Glintenkamp schon jetzt, daß „unser Antrag wohl scheitert“. Denn bisher will nur die Wählergemeinschaft „Wir im Viertel“den Antrag „prüfen lassen“, sagt Stefan Schaf-Haitlin. Die Grünen und die SPD im Beirat lehnen den Vorstoß ab. „Die geltenden Gesetze reichen aus“, sagt der grüne Fraktionschef Wolfram Sailer.

Auch das Votum der SPD-Beiratsfraktion ist klar: „Die Polizei kann jederzeit etwas tun“, sagt SPD-Fraktionssprecher Reinhard Werner. Dabei hat sich Polizeipräsident Rolf Lüken noch gar nicht dazu geäußert – erst in diesen Tagen wollen CDU- und SPD-Fraktion mit der Polizei über den Gesetzentwurf beraten.

Wie sich die Politik entscheidet, geht den Junkies Thomas und Rainer „sowieso am Arsch vorbei. Die machen immer mehr gegen uns. Das mit dem Alkohol wäre der Gipfel. Aber da würde ich mir einfach Stoff in eine Fanta-Dose schütten“, sagt Thomas. Und Streetworker Frank Nerz fügt hinzu: „Hier geht es doch um Ausgrenzung, weil die Leute im Viertel auf –Schöner Wohnen– machen.“ Katja Ubben