Stärker als der Stier und ein bißchen wie St. Pauli

■ Das 37:13 gegen den DRC Hannover im Pokalfinale zeigt: Die RG Heidelberg hat zwar das beste Rugby-Team und die Triple Crown – aber eine miserable Feierkultur

Heidelberg (taz) – Ein trinkfester Fan des Deutschen Rugby Club Hannover trug folgenden markigen Spruch vor: „Wir sind hier, wir sind hier, wir sind stärker als der Stier. Wir sind stärker als das Rind, weil wir aus Hannover sind!“ Denkste! Das Beschwören Hannoveraner Stärke half den „Grünen“ aus dem Stadtteil Ricklingen im 35. Pokalfinale des Deutschen Rugby-Verbandes gar nichts. Mit 13:37 erlitt der DRC gegen die Rudergesellschaft Heidelberg seine bisher höchste Niederlage in einem Pokalendspiel. Wie es kommen würde, hatte sich bereits vor dem Anpfiff von Schiedsrichter Mike Burbridge angedeutet. „Nicht abwarten, Männer, ihr müßt spielen von Anfang an“, hämmerte da der Heidelberger Trainer Günther Sträßer seiner XV im Mannschaftskreis abseits des sonnenüberfluteten Spielfeldes ein. Schließlich ist die RGH zusammen mit dem TSV C/Victoria Linden zur Zeit die stärkste deutsche Rugbymannschaft. Die Deutsche Meisterschaft (gegen Linden) und die Meisterschaft im Siebener- Rugby (gegen den Stadtrivalen SC Neuenheim) hatte man schon. Nun sollte die „Triple-Crown“ her. Klaus Biehl, der zweite Vorsitzende des DRC, hatte die Chancen für sein Team optimistisch bei 40:60 gesehen, „wegen dem Heimvorteil für die RGH“.

Aber die junge Mannschaft aus Hannover hatte dann keine Chance. Nach zwei Minuten verwandelte der zuverlässige Kickspezialist Jan Bratschke einen Straftritt zum 3:0. Was eine DRC- Anhängerin aber nicht davon abhielt, unmittelbar danach eine Flasche Sekt zu entkorken. Überhaupt schienen die Fans der „Grünen“ schnell zu ahnen, daß ihr Team gegen die taktisch klügeren und körperlich stärkeren Heidelberger hoffnungslos unterlegen war.

Zudem fühlte sich der Anhang aus Hannover auch noch von den Referees benachteiligt. Was Benjamin Zeimet, der in der 75. Minute den zweiten und letzten Versuch für den DRC zum 13:37 legte, so nicht stehen lassen wollte. Zeimet erkannte den RGH-Erfolg als verdient an, ließ aber dafür kein gutes Haar an den Anhängern der RGH, die kaum Stimmung verbreitet hatten: „Die Hannoveraner Fans sind die besten der Liga, egal von welchem Verein!“

Als er so sprach, thronte höchstens zehn Meter entfernt RGH- Coach Sträßer mit dem RDV-Pokal in den Händen auf den Schultern seiner Spieler. Anders als vor zwei Jahren, als die RGH den favorisierten SC Neuenheim im Finale mit 26:6 geschlagen hatte, wollte aber keine Begeisterung aufkommen. „Die RGH kann einfach nicht feiern“, kommentierte eine junge Heidelbergerin. Nun, sie hätte sich während des Spiels unter die DRC-Fans mischen müssen, in dem drei Generationen miteinander einen Kasten Bier tranken, grüne Freudensträuße schwangen und ihre junge, noch unterlegene Mannschaft unbeirrt anfeuerten. In all dem ähnelten sie den Fans eines norddeutschen Fußballklubs, der selbst dann gefeiert wird, wenn die Mannschaft verliert. Wer weiß: Vielleicht ist der DRC Hannover ja der FC St. Pauli des Rugbysports. Günter Rohrbacher-List