Kids wollen wissen, was in Politik abgeht

■ Zum Weltkindertag luden Kids ins Bundespresseamt: Forderung nach Senkung des Wahlalters. Plädoyers für mehr politische Beteiligung und Kritik an der mangelhaften Transparenz der Politik

So etwas gibt es selten: Dort, wo sonst die Großkopferten der Politik die Zukunft der Nation verkünden, kamen gestern die Kids zu Wort. Ins Bundespresseamt luden sechs Jugendliche aus ganz Deutschland im Alter zwischen 14 und 17 Jahren zu einer Pressekonferenz, um zum 42. Weltkindertag am Sonntag ihre Forderungen öffentlich zu machen. Damit reagierte das Jugendhilfswerk auf Kritik, die in den vergangenen Jahren zum Weltkindertag laut wurde: Selbst an dem Tag, der den Kids gehören soll, meldeten sich hauptsächlich die Erwachsenen zu Wort.

„Wir wollen mehr Beteiligung von Kindern an der Politik“, verlangte Dirk. Um diese zu ermöglichen, fordert der 17jährige mehr Verständigung zwischen Politikern und Kindern. Denn politisches Engagement benötige einen klaren „Background“. Politiker dagegen hätten die Angewohnheit, ständig Fremdwörter zu benutzen. Dies erschwere Beteiligung. Außerdem fehle es in der Politik an Transparenz, monierte der 16jährige Johannes. „Da steigt doch kaum einer mehr durch.“

Mehr Verständlichkeit also, denn die Jugendlichen wollen wissen, „was abgeht“. Doch dabei soll es nicht bleiben. Der 16jährige Matthias will eine Senkung des Wahlalters, um dem politischen Verständnis auch Veränderungen folgen zu lassen. Das Argument, Jugendliche hätten nicht die Reife, sich politisch zu entscheiden, will er nicht gelten lassen: „Viele Erwachsene haben auch im hohen Alter noch keine Reife erlangt“, stellte er fest.

Die Kids verlangten außerdem, mehr Kinder- und Jugendparlamente in den Kommunen einzurichten, die aber nicht nur eine Alibifunktion einnehmen dürften. „Politiker schmücken sich gerne mit uns, ohne uns wirklich ernst zu nehmen“, bemerkte die 16jährige Anita und erzählte von Veranstaltungen zu Kinder- und Jugendthemen, bei denen die eigentlichen Hauptpersonen kein einziges Mal zu Wort gekommen waren. Die Kritik eines Jugendlichen an diesem Mißverhältnis hätte daraufhin ein Politiker schnoddrig mit den Worten quittiert: „Ich habe ja auch nicht für euch, sondern für die Presse geredet.“

Besonders kinderfreundlich sei Deutschland nicht, sagte Johannes, aber das wäre auch in anderen Industriestaaten so. Dies beginne bei fehlenden Fahrradwegen und ende mit Gewalt Erwachsener gegen Kinder, wie die 17jährige Maria aus München einen Fall schilderte. Mit Blick auf das Großereignis am Sonntag fand es Matthias eher traurig, daß es solch einen „Gedenktag“ einmal im Jahr geben muß: „Eigentlich müßte man sich jeden Tag Gedanken über Kinder machen.“ Corinna Budras

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