■ Nachgefragt
: GEW geht auf Konflikt

Nach einem Streit um die zukünftige Strategie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bremen hat sich Heiko Gosch als einer der Sprecher der Gewerkschaft aus dem Vorstand zurückgezogen. Als sein Nachfolger wurde Jürgen Burger gewählt. Gosch galt als verhandlungswilliger Gewerkschafter. Die vormalige GEW-Strategie Widerstand und Verhandlung soll sich zugunsten des Widerstandes verlagern. Das meinen Yasmina Wöbbekind und Jürgen Burger, Sprecherin und Sprecher der Bremer GEW gegenüber der taz.

taz: Wie sieht Ihr neues Arbeitskonzept aus?

Jürgen Burger: Mit dem Schulstreik im letzten Schuljahr haben die KollegInnen politisch ihren Unwillen mit der derzeitigen Schulpolitik gezeigt. Jetzt werden wir einen konkreten Maßnahmenkatalog erarbeiten, wie wir Widerstand in den Schulen leisten können.

Was für Maßnahmen?

Burger: Wir müssen konsequent bislang selbstverständlich geleistete Mehrarbeit auf die Arbeitszeit anrechnen. Wir halten Klassenfahrten für pädagogisch wichtig. Aber wir erwarten, daß es dafür Entlastung gibt. Etwa in Form von freien Tagen.

Yasmina Wöbbekind: Die KollegInnen müssen selbst untersuchen, wie sie an ihren Schulen Arbeiten vereinfachen können und wo sie konkret Belastungen abbauen können.

Eine Art Bummelstreik?

Burger: Es geht nicht darum, die pädagogische Betreuung einzuschränken. Es geht darum, Mehrarbeit einzuschränken.

Wöbbekind: Es gibt zum Beispiel Vorstellungen der Schulbehörde, daß KollegInnen zusätzlich zu ihrer Arbeitszeit noch zwei Stunden Vertretungsunterricht ableisten sollen.

Burger: Durch die Erhöhung der Lehrerarbeitszeit und die mögliche Vertretungsregelung werden bis zu hundert Stellen im Jahr eingespart. Das bedeutet höhere Lehrerarbeitslosigkeit.

Haben Sie schon Rückmeldungen über die Folgen der Arbeitszeiterhöhung?

Wöbbekind: Die KollegInnen klagen über die hohe Belastung. Sie sind sauer und wütend.

Deswegen will die GEW jetzt auf Konfrontationskurs zu den Behörden?

Burger: Wir haben doch lange kooperiert. Es gibt den Ko-operationsvertrag, in dem die Behörde zusagte, regelmäßig neue LehrerInnen einzustellen. Das ist mit dem Regierungswechsel nicht eingehalten worden. Zum zweiten haben wir im Solidarpakt angeboten Gehaltsverzicht und keine Arbeitszeiterhöhung, dafür neue Ausbildungsplätze und bessere Ausstattung der Schulen. Statt dessen hat die Behörde die Pflichtstundenzahl der KollegInnen erhöht. Die SPD war nicht in der Lage, den Solidarpakt im Senat durchzusetzen. Wir sind in der politischen Situation, daß durch Verhandlungen erreichte Übereinstimmungen zu unseren Lasten gebrochen wurden.

An einigen Bremer Schulen laufen Modellversuche, Arbeitszeit und Unterricht neu zu organisieren. Unterstützen Sie die Projekte?

Wöbbekind: Unterstützen kann man nicht sagen. Wir beobachten kritisch und werden die Versuche bewerten. Auf keinen Fall wollen wir Zugeständnisse auf der Grundlage der jetzigen Arbeitszeiterhöhung machen.

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