Jenes Pathos der Hormone

■ Mit „tanja“ kommt ein überaus unterhaltsames Plädoyer für mehr Teenager-Selbstvertrauen ins Vorabendprogramm (18.55 Uhr, ARD)

Natürlich alles in seinem Rahmen. Und der heißt bei „tanja“ Werberahmenprogramm. Aber schließlich heißt so auch der Vorabend beim ZDF, wo man sich ja derzeit an der öffentlich-rechtlichen Vorabendverjüngungsdirektive abarbeitet, indem vermeintliche Zeitgeister einmal pro Woche einen Kübel „Wilder Zeiten“ über die Mattscheibe gießen.

„tanja“ indes, jüngste Fortführung von „Eine glückliche Familie“ und „Nicht von schlechten Eltern“ kommt ziemlich unspektakulär daher. Titelheldin Tanja ist 17, geht noch zur Schule und kriegt die Krise. „Und was hast du vor?“ wird sie am Ende der ersten Folge von ihrer Mutter gefragt. „Leben!“ ruft Tanja, „ja, doch, leben! Ein Mal! Laßt es mich doch mal probier'n“ – und läuft über den Warnemünder Strand in den Abspann. Das mag pathetisch erscheinen. Und ist es wohl auch. Doch ist es diesmal nicht der gängige Pathosmix aus verklärter Jugenderinnerung, sozialpädagogischer Berufsjugendlichkeit und verständnisloser Enkelbeobachtung, sondern jenes unumgängliche Pathos der Hormone, das den Teenager wider besseres Wissen befällt. Zumindest gelingt es Tanja-Darstellerin Katharina Wackernagel und „tanja“-Autor, -Regisseur und -Produzent Berengar Pfahl, die pubertäre Lächerlichkeit nicht lächerlicher erscheinen zu lassen, als sie ist.

Der 51jährige Pfahl, der 1973 bei der „Sendung mit der Maus“ begann, u.a. 1977 einen Zweiteiler namens „Britta“ drehte (wem das was sagt) und mit „Sterne des Südens“ einen, so Pfahl bekümmert, „Ausflug ins Operetten-Programm“ des ARD-Vorabendprogramms unternahm, nutzt für „tanja“ die objektivierende Weitsicht des Erwachsenen, um die subjektive Weltsicht der Heranwachsenden verständlich zu machen. Herausgekommen ist dabei ein zwei mal 13 Folgen währendes, überaus unterhaltsames Vorabendplädoyer für mehr Vertrauen und – Selbstvertrauen!

Alles in seinem Rahmen natürlich. Weswegen Rostock-Warnemünde eben als schmucke, blühende Ost(see)-Landschaft daherkommt und Tanjas peer group als relativ sympathischer Haufen, Eltern und Lehrer als bemühte Laienpädagogen mit ganz anderen Sorgen und die Pubertät mit all ihren Problemchen und Problemen als ernst zu nehmende Initiation. Anders gesagt: Zwischen „Marienhof“ und „Tagesschau“ bleibt der Apparat doch sowieso eingeschaltet, oder nicht? Und nun – zumindest montags – sogar aus gutem Grund. Christoph Schultheis