Schanze, Dealer, Vorurteile

■ Im taz-Interview: Vier schwarzafrikanische Flüchtlinge, die mit einer Demo die Atmosphäre am Schanzenpark verbessern wollen

Für Sonnabend, 8. November, haben afrikanische Flüchtlinge eine Demonstration in Hamburg geplant, weil sie es leid sind, pauschal als Drogendealer stigmatisiert zu werden. Die taz sprach mit vier der Organisatoren, die in Hamburger Flüchtlingsunterkünften leben. Michael stammt aus Burundi; Djalloh, Peter und Yamba kommen aus Sierra Leone.

taz: „Unser Leiden geht in Hamburg weiter“, schreibt Ihr im Demoaufruf. Worunter leidet Ihr?

Peter: Wir sind alle Flüchtlinge. In unseren Heimatländern herrscht Krieg. Als wir politisches Asyl beantragt haben, erwarteten wir, daß die Deutschen etwas für uns tun. Daß sie uns zur Schule gehen lassen. Daß sie uns die Chance geben, hier zu arbeiten. Daß sie uns behandeln wie ihre eigenen Leute. Das Gegenteil ist der Fall.

Michael: Ich bin der einzige von uns, der zur Schule gehen kann. Aber auch dort werden mir ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen. Wir haben zum Beispiel Dienstags immer Sport. Das ist in einer Halle, die man nur mit Turnschuhen ohne Profil betreten darf. Ich bekomme aber kein Geld für solche Schuhe. Wie soll ich da am Sportunterricht teilnehmen?

Dürft Ihr arbeiten?

Peter: Ich eigentlich schon, weil ich eine Duldung habe. Aber die wird immer nur für zwei bis drei Wochen verlängert. Niemand gibt mir Arbeit, wenn immer unsicher ist, wie lange ich bleiben kann.

Yamba: Unsere Asylverfahren laufen noch. Solange dürfen wir nicht arbeiten.

Der Schanzenpark, auch euer Treffpunkt, gilt mittlerweile als Drogenbazar von Schwarzafrikanern.

Djalloh: Daß alle Schwarzen dort Drogen verkaufen sollen, ist doch Quatsch. Für viele ist der Park nur ein Treffpunkt.

Viele AnwohnerInnen fühlen sich bedroht; gerade Frauen, die häufig angemacht werden, schimpfen auf „die Schwarzen“.

Michael: Wir müssen uns in Gruppen aufhalten, um selbst geschützt zu sein. Und dann haben die Frauen Angst vor uns. Aber das ist auch ein Grund, die Demo durchzuziehen. Um den Leuten zu zeigen, wie wir hier leben müssen, daß wir wie Kriminelle behandelt werden.

Wer behandelt Euch wie Kriminelle?

Michael: Die Polizei, Fahrkartenkontrolleure oder Sozialarbeiter. Wenn ich zum Beispiel von der Schule komme und einen deutschen Freund an der Sternschanze besuche, bekomme ich ein Platzverbot. Es ist uns ausdrücklich gesagt worden: Ihr dürft hier nicht mit Deutschen reden.

Peter: Sie kontrollieren auch auf den Schiffen, in den Clubs. Hundert Polizisten kommen rein und wollen alle Ausweise sehen. Was immer sie tun wollen, sie tun es.

Yamba: Neulich wollte ein Polizist meinen Ausweis sehen, als ich in einen Supermarkt gegangen bin.

Michael: Als ich mit einem Freund von der Elfenbeinküste in der S-Bahn gefahren bin, kam ein Kontrolleur. Er wollte nicht unsere Fahrscheine sehen, sondern unseren Paß. Als mein Freund fragte, wieso, hat der Kontrolleur ihn ins Gesicht geschlagen.

Und wieso fühlt ihr euch durch Sozialarbeiter schikaniert?

Michael: Die kommen mitten in der Nacht mit Listen durch unsere Zimmer, machen das Licht an, wecken alle Leute auf, um zu gucken, ob jemand in der Unterkunft übernachtet, der dort nicht gemeldet ist. In Rahlstedt und am Lattenkamp kam das mehrfach vor.

Fragen: Elke Spanner

Demo: Samstag, 8. November, 11 Uhr an der Sternschanze