Versuch's mal mit The-a-ter

■ Mogli, Balou der Bär und King Lui II schwingen sich durch den wilden Theaterdschungel am Goetheplatz / Fachpublikum entrüstet über die Schlange

Psst. Psssst. Pssssst! Vergebens. Die Beschwichtigungsversuche der LehrerInnen und Eltern waren zum Scheitern verurteilt. Denn wenn Mogli die Bühne betritt, ist kein Kind zu halten. Und wenn Mogli eine Bühne betritt, vor der mindestens tausend Kinder mit Hummeln im Po warten, kann man froh sein, wenn man am Gehörsturz vorbeischrammt. Schreien, kreischen, minutenlange Moglischlachtrufe: Die Premiere von „Das Dschungelbuch“im Theater am Goetheplatz hatte das dankbarste Publikum, was man sich denken kann – Kinder im Freudentaumel. Hemmungslos.

Dank Reinhard Dietmanns wundervoll verspieltem Bühnenbild und den detailverliebten und phantasievollen Kostümen von Christin Mayer verwandelte sich, kaum das die Lichter erloschen waren, das so sterile Theater in einen wuseligen indischen Dschungel. Chil (Elke Borkenstein), ein Federvieh mit großer Ähnlichkeit zu Tote Hosen-Frontmann Campino, segelte durch die Lüfte, eine Horde aus Wölfen, Panthern, Bären, Affen und Schlangen sprang und sang durcheinander, Kokosnüsse auf und Chips, Coladosen und Weingummis vor der Bühne segelten umher: Mit einem Mal tanzte der ganze Saal, um zwei Stunden später wieder in gespenstischer Ruhe zu versinken.

Auch wenn die mitunter strenge Werktreue der Inszenierung von Irmgard Paulis erst gar keine Vergleiche mit der spielerischen Leichtigkeit des weltberühmten Disneyfilms aufkommen ließ und die karg instrumentierte Musik von David Malazonia keine Schunkelmelodien a la „Versuch's mal mit Gemütlichkeit“enthielt: „Das Dschungelbuch“faszinierte auch ohne effektheischende Appetizer (Dramaturgie: Susanne Meister), allein schon durch den Spannungsboden der Geschichte und die Exotik des Schauplatzes.

Schafft es der kleine Wolfsjunge Mogli (Anne-Isabelle Zils), im wilden Dschungel zu überleben? Helfen ihm die Tiere, sich vor dem gräßlichen Tiger Shir-Khan zu schützen? Und schließlich: Findet er den Weg zurück dorthin, wo die Heidi aus den Bergen nie hinwollte: Zu den Menschen? In seltenen, fast magischen Momenten hielten selbst die unentwegt babbelnden Kinder den Atem an. Macht sie's, macht sie's wirklich? Sie machte es, die betörende Schlange Kaa (Regine Fritschi), bezierzte die ganze Affenbande und fraß sie anschließend alle auf. Und erntete dafür vom völlig entrüsteten Fachpublikum wütende Buhrufe.

Tja, das Gesetz des Dschungels ist hart. Aber glücklicherweise verläuft im Theater das Leben schließlich doch anders. Die Solidarge-meinschaft Tier und Mensch verscheuchte den oberbösen Shir-Khan (mit Tigerstreifenglatze: Matthias Klimsa). Mogli, umzingelt von felligen und gefiederten Freunden, war gerettet und fand den Weg zurück zu den Seinigen. Nur: Was will er da, bei den Menschen? – Ach ja, bei den Menschen, nur da sind sie: die Kinder. zott

Wieder am 11., 13. u. 20. November, 11 Uhr; 16. November, 18 Uhr