■ Die zwei Joachims als Bauchpinsler
: Alarmstufe rot in Bärbels Büro

Kalter Schweiß stand auf der aparten Stirn von Büroleiterin Bärbel. „Wenn ihr nicht bald einen Text von wenigstens 100 Zeilen zusammenstottert, geschieht hier ein Unglück“, keuchte sie, während im Nebenraum die ersten Möbelstücke zerkleinert wurden. Die beiden Joachims blickten sie stumpf aus rotgeränderten Augen an. Seit 14 Tagen waren sie pausenlos damit beschäftigt, getürkte Einzelexemplare diverser Zeitungen und Magazine herzustellen, die der im Nachbarzimmer hausende Leinwandstümper gierig verschlang. Sie hatten eine Spiegel- Ausgabe um eine dreiseitige Lobrede auf die Schauspielkunst ihres nichtsahnenden Brötchengebers bereichert; sie hatten Sarah Kirsch eine Ode auf „den Phönix der deutschen LichtSpielKunst“ zugeschrieben und sie in die Wochenendbeilage der FAZ eingerückt; ja, sie hatten sogar ein Sonderheft des Time Magazine produziert, das ausschließlich „dem deutschen Kinowunder“ gewidmet war und ihn nach Strich und Faden mit Schmeichelspeichel besabberte. Jetzt waren sie am Ende. Ausgebrannt wie zwei Silvesterraketen beim Rücksturz zur Erde.

„Hier“, sagte ein Joachim zu seiner Büroleiterin, „mehr ist heute nicht drin.“ Er reichte ihr ein bekanntes Druckerzeugnis aus dem Hause Springer, in das die zwei Lobhudelanten eine Kurzmeldung eingeschmuggelt hatten, wonach der Mobiliarzertrümmerer bei einer Telefonumfrage unter Deutschlands Frauen mit einem deutlichen Vorsprung vor Max Schautzer und Karl Moik zum erotischsten Mann des Landes gewählt worden sei.

Drei Minuten später legte der Wüterich wieder los

Bärbel war nicht begeistert. „Himmel“, seufzte sie nahezu tonlos, „der Mann ist auf Entzug, ihr Pfeifen. Glaubt ihr allen Ernstes, daß man einen Junkie mit einem Teelöffel voll Hustensaft ruhigstellen kann?“

Sie stopfte die Zeitung durch den Briefschlitz in der gepanzerten Sicherheitstür, und kurzzeitig wurden die Destruktionsgeräusche im Nachbarzimmer von den bekannten Schmatzlauten abgelöst: Wie immer verspeiste der Hausherr geräuschvoll die präparierten Presseprodukte. Keine drei Minuten später aber legte der Wüterich wieder los, und das war um so besorgniserregender, als er nunmehr auf die angeblich atombombensichere Tür einprügelte und diese auf eine ganz und gar nicht vertrauenerweckende Weise in ihren Angeln ächzte.

„Da hamwer den Salat!“ krächzte Bärbel und verwünschte im stillen den Tag, an dem sie sich von ihrer alten Schulfreundin C. diese zwei Taugenichtse hatte vermitteln lassen. Sie schnellte zur hausinternen Sprechanlage hinüber. „Alarmstufe rot!“ zischte sie ins Mikrofon, „schickt die Girls raus, aber dalli!“ Umgehend öffnete sich draußen hinter dem stacheldrahtgesicherten Absperrzaun eine Luke, aus der zwanzig kreischende Mädchen herausstürmten. Sie trugen T-Shirts mit der Aufschrift „I love you!“ und warfen allerlei Kuschelgetier gegen die Fenster des Nachbarzimmers. Einen Augenblick lang hörte man ein beruhigendes Grunzen durch die Wände dringen – dann aber warf sich der Tobsüchtige mit der Wucht einer Abrißbirne gegen die Tür, die endlich knirschend nachgab und den Weg frei machte für ihn, den Alptraum aller Kinogänger: Mit einem Hechtsprung stürzte Til Schweiger sich auf die Büroleiterin. „Baby, komm, vergöttere mich!“ keuchte er, und während die bedauernswerte Bärbel sich die hanebüchensten Komplimente abzuringen begann, verdrückten sich die zwei Joachims klammheimlich durch den Notausgang, um wie die Hasen einem neuen Abenteuer entgegenzurennen. Frisch & Schulz