Das Leben der Gebrüder Mall

Am 23. Februar 1909 wird Gerhart Devasahayam Mall, am 7. März 1913 Georg Mall in Codacal (Indien) geboren. Die Eltern, die für die Basler Mission tätig waren, kehrten mit ihren Kindern 1914 nach Deutschland zurück. In Tübingen begann im Sommersemester 1929 Gerhart Mall Medizin und im Sommersemester 1931 Georg Mall Evangelische Theologie zu studieren.

Am 14. November 1932 wird Georg Mall wegen schwerer Depressionen in die Tübinger Nervenklinik überwiesen, nach wenigen Tagen aber wieder entlassen. Am 7. März 1933 wird er zum zweiten Mal in die Tübinger Klinik eingewiesen, sein Bruder bringt ihn am 22. April 1933 in die Heilanstalt Christophsbad nach Göppingen.

Der Reichstag beschloß am 14. Juli 1933 das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Als erbkrank im Sinne dieses Gesetzes galt, „wer an einer der folgenden Krankheiten leidet: 1. Angeborenem Schwachsinn, 2. Schizophrenie, 3. Zirkulärem (manisch-depressivem) Irresein, 4. Erblicher Fallsucht, 5. Erblichem Veitstanz, 6. Erblicher Blindheit, 7. Erblicher Taubheit, 8. Schwerer erblicher Mißbildung“. Sie alle mußten nach dieser Vorschrift sterilisiert werden.

Am 22. Juli 1933 schrieb der Medizinstudent Gerhart Mall an die Göppinger Anstaltsleitung und ließ sich erklären, was Schizophrenie bedeute und ob diese Krankheit erblich sei. Am 15. Januar 1935 beendet er sein Medizinstudium mit dem Staatsexamen und absolviert vom 1. Februar bis zum 1. Oktober 1935 ein Praktikum in der Tübinger Universitätsnervenklinik. Anschließend ist Gerhart Mall bis April 1938 Assistent am Psychologischen Institut der Universität Tübingen.

Darauf folgt sein Wechsel nach Marburg an die dortige Nervenklinik, wo er Assistent von Ernst Kretschmer („Körperbau und Charakter“) wird. Am

1. September 1939, als Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg beginnt, erteilt Adolf Hitler seine Ermächtigung, unheilbar Kranken „den Gnadentod zu gewähren“. Als Organisatoren dieses Programms ernennt er seinen gesundheitspolitischen Berater, Karl Brandt, sowie den Leiter der Parteikanzlei, Philipp Bouhler.

Das damalige „Krüppelheim“ Grafeneck wird zur Tötungsanstalt umgebaut. Im Januar 1940 werden dort die erste Patienten ermordet. Georg Mall wird am 26. Juni 1940 in die Anstalt Weissenau verlegt. Am 5. Oktober 1940 bittet Gerhart Mall die Anstaltsleitung, seinen Bruder Georg innerhalb der Anstalt der „Euthanasie zuzuführen“.

Am 5. Dezember 1940 wird Georg Mall mit weiteren Patienten zur Tötungsanstalt Grafeneck gebracht und dort spätestens am 9. Dezember 1940 getötet, als letztmals in Grafeneck Kranke mit Gas erstickt werden. Das Morden wird danach andernorts fortgesetzt.

Nach seiner Habilitation am 4. März 1942 arbeitet Gerhart Mall als Dozent an der Marburger Universität. Ende Juli 1945 wird er von den Amerikanern für einige Monate aus politischen Gründen entlassen. Von 1952 bis 1971 leitet Mall die Psychiatrische Klinik in Klingenmünster. Dort starb er am 7. Februar 1983. hjl