Rap, so flüssig wie Erbrochenes

■ Ey Aller! Fischmob, Superstars von morgen, über hiesigen HipHop, Männervogue und andere Ekligkeiten

„Words Don't Come Easy“trällerte die Eintagsfliege F.R.David in den frühen Achtzigern. Die vier zugezogenen Flensburger Stefan Koze Kozella, Sven Mikolajewicz, Daniel Cosmic Sommer und Schlagzeuger Stachy ist dieses Problem fremd – sie haben Worte im Überfluß. 1994 kamen sie durch den rüden HipHop-Stampfer Ey Aller zu landesweitem Ruhm, seitdem erweist sich ihr so verspielter wie abgeklärte Fischmob als Konsens. Die neue Platte Power ist denn auch ein wuchtiges Gerät geworden. Wobei „David“, das Lied in dem besagten F.R. gehuldigt wird, noch einen anderen Grund für die Überlegenheit der vier nahelegt: Sie sind älter und reifer.

taz hamburg: Ihr seid also die F.R.-David-Generation.

Koze: Klar, Ich hab die Single noch.

Euer Verhältnis dazu ist nicht gebrochen?

Koze: Ich fand's gut. Ich find's gut.

Cosmic: Da stecken echte Jugendemotionen drin.

Tanzschule?

Cosmic: Nee. Eher Partykeller, Schulfest in der Aula. In Flensburg.

Und dann zog es euch in die Großstadt.

Cosmic: Die hanseatische Skyline hat uns gereizt.

Koze: Meine Mutter sagte immer, wenn du's hier schaffst, schaffst du's überall.

Cosmic: So street-hustle-mäßig.

In dieser Platte steckt viel Geld. Wäre sie mit noch mehr Geld noch besser geworden?

Koze: Ja. Mit Geld kann man sich nämlich musikalische Inkompetenz wegkaufen.

Cosmic: Wobei das ja gegenüber der ersten Platte schon ein Sprung ist, die Gitarrensachen kommen auf den Punkt, die HipHop-Sachen sind fett, was will man mehr. Naja, wir hätten teurere Pizzen bestellen können.

Habt ihr Angst vor Peinlichkeit?

Koze: Wir haben den ganzen Tag die Gag-Maschine an. Zu erkennen, was vielleicht einmal lustig ist, auf der Platte aber niveaulos wäre, das ist das Problem.

Sven: Es gibt bewußte Peinlichkeit. Wir setzen voraus, daß die Leute verstehen, daß wir das nicht so meinen. Aber es gibt natürlich auch Sachen wie Cappuccino, die sich durch nichts entschuldigen lassen.

Koze: Aber wir müssen auch gucken, inwiefern unsere Sachen soweit codiert sind, daß sie keiner mehr versteht. Außerdem ist es natürlich auch ein Schutzschild.

Eine Fortführung von etwas konkret Politischem wie dem Rap auf dem letzten Album, in dem es um Vergewaltigung geht, stand aber nicht auf dem Zettel.

Koze: Es gibt momentan diese echt gefährliche Mischung – deutscher Sprechgesang mit sozialkritischen Themen, das empfinde ich als Sackgasse. Es gibt keine Band, die das löst, die gereimten Sprechgesang einsetzt, der einen Inhalt hat und den man trotzdem mehrere Male spielen kann. (Rappt): Die Opposition am Mikrofon ... das ist unsexy. Und uninteressant.

Eine Entscheidungsfrage: Ihr werdet vor die Wahl gestellt, Ironie ausschließlich oder gar nicht mehr einzusetzen. Was wählt ihr?

Sven: Ich würde nur noch Ironie einsetzen.

Cosmic: Wenn ich vor der Entscheidung stände, würde ich weggehen von dem, der mich das gefragt hat. Ganz klar umdrehen und weg. Ohne Verabschieden.

Koze: Ich weiß nicht. Ich kann mir vorstellen, daß nur noch Ironie mehr Spaß macht, weil's natürlich einfacher ist, andersherum aber hat es viel mehr Tiefe.

Noch eine Entweder-oder-Frage: Ihr dürft euch aussuchen, ob ihr in der Männervogue als „most sexy“oder in der taz als „politisch korrekteste“Band gefeiert werdet.

Sven: Ich weiß, was die anderen antworten, deswegen sage ich das andere.

Koze: Also willst du sexy sein.

Sven: (grinst abfällig): Genau.

Cosmic: Nachdem die taz Bundeswehranzeigen hat, geh ich doch klar in die Vogue.

Interview: Holger in't Veld

In der Kantine des Schauspielhaus' stellen Fischmob heute (21 Uhr) ihr neues Album vor.