Die Revolution findet in Leipzig statt

■ In deutlich abgespeckter Variante findet diesmal der "revolutionäre 1. Mai" in Berlin statt. Die meisten Gruppen mobilisieren gegen die NPD-Demo in Leipzig. Punker veranstalten in Prenzlauer Berg ihr

Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) und der DGB können aufatmen. Der revolutionäre 1. Mai wird heuer deutlich spärlicher ausfallen als in den vergangenen Jahren. Zwar wird es weiterhin zwei „revolutionäre Mai-Demonstrationen“ am Oranienplatz in Kreuzberg und am Rosa-Luxemburg- Platz geben, doch der größte Teil der linken Szene mobilisiert in diesem Jahr nach Leipzig, um gegen den Großaufmarsch der NPD zu demonstrieren.

Eine Entscheidung für Leipzig hatte sich bereits im Vorfeld eines „autonomen Wochenendes gegen die Leere“ Ende März angedeutet. Damals waren undogmatisch linke und autonome Gruppen zusammengekommen, um vor allem die inhaltliche Diskussion im Zusammenhang mit dem 1. Mai wiederzubeleben. Im Ergebnis führte die Debatte dazu, den 1. Mai dieses Jahr in Berlin ins Wasser fallen zu lassen. Statt dessen mobilisieren jetzt sowohl das unabhängig linke Westberliner Sprektrum als auch zahlreiche Ostgruppen gegen die „Demonstration des nationalen Widerstands“, zu dem die NPD bis zu 15.000 Teilnehmer erwartet. Sowohl West- als auch Ostgruppen hatten sich im vergangenen Jahr nicht über eine gemeinsame Route der „revolutionären Mai-Demonstration“ durch Prenzlauer Berg einigen können. Die jetzige gemeinsame Mobilisierung nach Leipzig wurde von einer Teilnehmerin des autonomen Wochenendes deshalb als „neue Qualität der Zusammenarbeit“ gewertet.

Dennoch wird auch in diesem Jahr am Rosa-Luxemburg-Platz demonstriert werden. Vom ehemals breiten linskradikalen Spektrum sind allerdings nur einige Gruppen rund um die Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation (AA/BO) übriggeblieben. Offenbar herrscht unter den organisierten linksradikalen Antifas die Meinung, nach der Gegendemo in Leipzig auch noch in Berlin demonstrieren zu können. Der Beginn der Demo am Rosa-Luxemburg-Platz wurde nämlich von 13 auf 18 Uhr verschoben. Motto: „Enough is enough – Zusammen kämpfen – revolutionär, solidarisch, internationalistisch“.

Gleiche Zeit, gleicher Ort heißt es dagegen wieder in Kreuzberg. Wie schon seit einigen Jahren organisieren maoistische und stalinistische Gruppen von den „Revolutionären Kommunisten“ bis zur TKP/ML den dogmatischen Teil des Berliner „revolutionären 1. Mai“. Um ihrer Demo diesmal den Anschein einer breiten Unterstützung zu geben, sind unter dem Plakat „Wir rufen auf“ etwa 200 Namen von Einzelpersonen und Initiativen versammelt (siehe Bericht unten).

Mehr von Einzelpersonen statt von Initiativen wird dieses Jahr die Walpurgisnacht in Prenzlauer Berg veranstaltet. Nachdem am Vorabend des 1. Mai im vergangenen Jahr die Polizei das Areal rund um den Kollwitzplatz weitgehend abgesperrt hat, wollen dieses Jahr einige Punker einen „Musikumzug“ veranstalten. Ort und Zeit dieser Spontan-Walpurgisnacht sind freilich noch nicht festgelegt.

Abgerundet wird das revolutionäre Schrumpfprogramm in diesem Jahr vom schon traditionellen Maifest am Humannplatz in Prenzlauer Berg und einem Straßenfest am Mariannenplatz sowie einer Aktionswoche der Hausbesetzerszene mit dem Titel „Maifestspiele“, die bereits am 24. April in Leipzig mit den „Weltfestspielen der HausbesetzerInnen“ beginnen und am 3. Mai mit einer Demonstration gegen die herrschende Innenpolitik in Berlin enden. Treffpunkt ist um 13 Uhr die Wilhelmstraße. Die Abschlußkundgebung findet am Breitscheidplatz statt. Uwe Rada