Hey hey, my my – Klassik will never die

■ Neue Märkte für eine alte Musik erschließen: Am Vorabend der Echo-Verleihung will „klassik in szene“ sich ein junges Publikum ködern

Erinnert sich eigentlich noch jemand an die achtziger Jahre? Damals gab es diesen scheußlichen Versuch, Klassik mit Pop zu versöhnen. „Classic meets Pop“ hieß das, und gemeint war, daß Geiger mit weißen Perücken beliebte populäre Melodien nachspielten oder daß nicht minder beliebte klassische Melodien von Muckern an Synthie-Türmen verpoppt wurden. Jetzt sind beinahe die Neunziger schon zu Ende, und die Annäherung von der Klassik an den Pop vollzieht sich natürlich viel subtiler. „klassik in szene“ nennt sich eine Veranstaltung, die ein neues Klientel und neues Kapital erschließen will für ein Genre, dem naturgegebenermaßen die Zuhörer wegsterben. Daß die großangelegte Klassiknacht ausgerechnet am Vorabend zur Klassik-ECHO-Verleihung am Sonntag in der Musikhalle stattfindet, also kurz vor der großen Angeber-Parade der Tonträgerindustrie, ist wohl kein Zufall. Zum einen sind aus diesem Anlaß sowieso ein paar exponierte Vertreter des Fachs in der Stadt (und also kostengüngstig zu haben), zum anderen ist so eine Veranstaltung wie „klassik in szene“ auch ein prima Rezept, um gegen die allgemein von der Branche beklagten Umsatzrückgänge anzugehen. Neue Märkte muß die Musikindustrie erschließen! Und deshalb muß man neue Leute für die Klassik ködern, am besten junge.

Und wie das geht, machen die Veranstalter vor: Heute abend in den Hamburger Börsensälen und dem benachbarten Rathaus spielt das Titanic-Filmorchester „I Salonist“, während der Raum in – oha! – eisblauem Licht geflutet wird. Und die Moderation des Happenings übernimmt der notorische Grenzgänger Wolfram Huschke, der im Vorprogramm von Marius Müller-Westernhagen mit seinem Cello schon so manches Stadion gerockt hat.

Doch werden wir nicht unverschämt: Mit dem norwegischen A-capella-Chor Gil Scapoli, dem Klezmer-Ensemble Brave Old World und der Uraufführung von Heinz-Erich Gödeckes „Ocker“ gibt es durchaus einige interessante Programmpunkte zu bestaunen.

Hey hey, my my – Klassik will never die! cbu

heute, 19 Uhr, Hamburger Börsensäle und Rathaus. Es gibt nur noch einige Restkarten an der Abendkasse.