Die Zukunft heißt „industrielles Denken“

■ Die Macher des „Hauskonzepts 81-Fünf“ räumen mit dem Vorurteil vom Holzhaus als Billig-Pappschachtel auf. Sie bringen Holzhäuser als vorgefertigte Bauteile auf den Markt

Holzhäuser hatten in Deutschland lange keinen Ruf. Erst seit Beginn der 90er Jahre werden verstärkt moderne Prototypen entwickelt, die zugleich für ressourcenschonendes Bauen und energiesparendes Wohnen stehen. Seit 1996 gibt es die Holzbau Aktiengesellschaft 81-Fünf, die ein gleichnamiges Holzbausystem entwickelt hat und dieses in Zusammenarbeit mir regionalen Unternehmen vermarktet. Der Aufsichtsratsvorsitzende der 81-Fünf, Ralf Pohlmann, wird darüber im Rahmen der Vorträge an der Hochschule (siehe Kasten) sprechen. Vorab verriet er in der taz , wo die Zukunft liegt.

taz: Sie haben den deutschen Holzhausmarkt seit 1992 mit angeschoben. Wie sah die Lage damals aus?

Ralf Pohlmann: Es gab schon einen gewissen Holzhausmarkt, die Fertighäuser. Aber das hat niemand recht begriffen, weil die Hersteller das versteckt haben. Der moderne Holzbau ist aus Schweden, Finnland und USA gekommen, wo man bis zu 90 Prozent der Häuser aus Holz baut. Da hat sich auch die handwerkliche Holzbaubranche entwickelt. Hier brauchte das wegen der deutschen Normen länger.

Welche Konsequenzen hatten die?

Die deutschen Normen arbeiten mit viel höheren Sicherheiten – was auch bedingt, daß alles ein bißchen teurer wird. Die skandinavischen und US Häuser sind einfacher, sie haben vielleicht nicht eine ganz so lange Lebensdauer. Aber den Leuten geht es darin trotzdem gut.

Bis die Deutschen das gemerkt haben, hat es aber noch gedauert.

Das lag wesentlich am Image der Fertighäuser, die als quasi einfache Pappschachtel daherkamen und sich auch noch mit einem „Billig“-Image den Ruf ruiniert haben.

Wie repariert man so ein Image?

Das haben wir bis heute nicht geschafft.

Deshalb halten Sie jetzt Vorträge an deutschen Hochschulen...

(Lachen) Naja, der Begriff Fertighaus wird von den neuen Holzhausbauern nicht benutzt. Das Holzhaus kam eher aus dem handwerklichen Bereich und wird eher dezentral hergestellt. Man versucht also, die Qualitäten, die der Fertighausbau unbestritten hat, nämlich Vorfertigung und damit eine klare Systematik, zu nutzen. In der Region kommt der Kontakt zum Kunden dazu.

Das von Ihnen mitentwickelte System heißt heute Hauskonzept 81-Fünf, früher LBS 815 – das klingt so'n bißchen nach Bausparkasse...

Das hat damit zu tun, daß wir Ende '92 von der LBS in NRW einen Entwicklungsauftrag bekommen haben. Das ist ein ziemlicher Renner geworden, LBS-Ökohaus ist seitdem ein stehender Begriff von dem man sich nicht mehr trennen kann. Das Hauskonzept 81-Fünf entstand daraus.

Was bedeutet 81-Fünf?

So ein Haus wird im Rasterregelmaß von 81,5 cm geplant, was sehr kostengünstig ist. Innerhalb dieses Rasters kann man variieren, wie man will. 81,5 cm bezeichnet einfach den Abstand der Ständer. Da kriegt man ein Fenster rein, und er ist kompatibel zur hauptsächlich verwendeten Platte für die Aussteifung des Hauses. Man hat also keinen Verschnitt.

Hatten Sie mit dem Erfolg Ihrer Entwicklung gerechnet?

Ne, wir haben das eher mit dem wissenschaftlichen Anspruch gemacht, mal was Vernünftiges vorzulegen. Dann hat die LBS das relativ stark zur Image-Werbung auf den Markt gebracht.

Und Sie haben eine Aktiengesellschaft gegründet ...

Ja, aber vorher hat's noch eine kleine Weile gedauert. Da sind übrigens wiederum die Firmen Gesellschafter, die diese Häuser bauen.

Interessant ist ja, daß es bei diesem Konzept von einer Grundversion ausgehend jede Menge Ausbauversionen geben kann, die einfach kombiniert werden. Ist der Hit dabei das Einfamilienhaus – oder weicht die Nachfrage auch von der Kleinfamilienwabe ab?

Kaum. Im Grunde genommen zielen wir aber auf den gesamten Baumarkt. Es gibt nach den Länderbauordnungen immer noch Grenzen, wenn drei Geschosse zum Beispiel überschritten sind. Es gibt zwar ein paar Prototyp-Häuser für viergeschossige Häuser, aber in den wenigsten Bauordnungen ist sowas vorgesehen. Bis dahin kann man in Holz alles machen und darauf zielen wir auch ab. Wir machen zunehmend auch Reihenhäuser, sind gerade an einem Reihenhauskonzept für Lilienthal. Im gewerblichen Bereich kann man mit dieser Bauweise auch alles machen.

Sie werben mit enorm geringen Heizkosten von beispielsweise 250 Mark im Jahr für ein Einfamilienhaus. Auch sonst soll das Hauskonzept 81-Fünf ganz umweltfreundlich sein. Woran machen Sie das fest?

Das ist ein komplexes Thema; fragen Sie 120 Experten bekommen sie dazu 120 Antworten. Es ist im Grunde genommen um einen ganzheitlichen Ansatz, der das Thema Energie in den Mittelpunkt stellt. Da eine erhebliche Reduzierung herbeizuführen, das sollte in jedem Fall zu einem solchen Konzept gehören. Dann sind die 200 bis 400 Mark Heizkosten im Jahr – je nach Nutzerverhalten – relativ einfach zu erreichen. Wir sind gerade an einem Konzept, wo es noch weiter runter geht. Dazu gehört natürlich , daß man die entsprechenden haustechnischen Komponenten hat, daß man die Energieträger verbraucht, die einigermaßen umweltfreundlich zu verbrennen sind, wenn man denn Heizenergie haben muß. Also läuft alles auf Gasbrennwertheizung bei Einzelheizung hinaus, oder auf Nahwärmekonzepte, wenn man im Siedlungsverbund arbeitet. Dazu gehört Nutzung von Sonnenenergie und Regenwassernutzung und im Bereich Baustoffe gehen wir mit Holzbau sowieso schon in die richtige Richtung, weil Holz sehr wenig Herstellungsenergieaufwand hat, gespeichertes CO2 an sich ist und auch relativ einfach wiederzuverwenden oder zu entsorgen ist, wenn man es nicht mit Chemie versaut. Das tun wir nicht. Alle anderen Baustoffe müssen sich diesen Kriterien auch stellen. Wir versuchen natürlich, Baustofffe zu verwenden, wo die Transportwege nicht irrsinnig lang sind. Aber es ist naiv zu glauben, man könnte alles innerhalb von 50 Kilometern bekommen. Man muß schon Mitteleuropa zum Maßstab nehmen.

Wenn wir Preise vergleichen – bei der aktuellen Klebebauweise und der Holzbauweise – wo liegen Sie da mit 81-Fünf?

Gemessen am Wärmedämmstandard und ökologischen Qualitäten kann man den gleichen Preis erzielen; gegenüber Billigkonkurrenz ist das nicht möglich. Eine hohe Qualität hat, egal ob in Holz oder Stein, einen eindeutigen Preis. Die Größenordnung, die seriös realisiert werden kann, fängt – reine Baukosten – im Einfamilienhaus bei 2.000 Mark pro Quadratmeter an. Serie, Siedlungskonzept oder Reihenhaus – sowas spielt natürlich auch eine Rolle.

Wo liegt der Trend der Zukunft?

Bei Häusern, die noch weniger Energie brauchen, beim sogenannten Passiv-Haus. Ansonsten geht es darum, vor allem den Herstellungsprozess der Häuser schlanker zu machen. Zum Beispiel Strukturen zu entwickeln, daß Handwerker in der Region zusammenarbeiten – und sich nicht auf Baustellen sabotieren. Daß sie sich im Grunde wie eine Firma verstehen, die ein Endprodukt herstellt; wo also nicht der Maurer nur die Steine und der Klempner nur die Dachrinne sieht. Diesen Weg zu bereiten, ist, glaube ich, eine der entscheidenen Entwicklungen der nächsten Jahre. Dafür ist ein gewisses industrielles Denken notwendig. Handwerkliches Denken ist extrem antiquiert.

Fragen: Eva Rhode