Bilinguale Schule ganz deutsch

Zu wenig Anmeldungen: Deutsch-Portugiesische-Grundschule gescheitert, deutsch-italienische Klasse lernt vorwiegend einsprachig  ■ Von Judith Weber

ErstkläßlerInnen in Hamburg werden auch im nächsten Schuljahr nur auf deutsch lesen lernen. Die beiden zweisprachigen Grundschulprojekte des rot-grünen Senats können nicht wie geplant umgesetzt werden – weil sich zu wenige Schüler angemeldet haben.

Am härtesten trifft es die deutsch-portugiesische Grundschule, die im August an der Rudolf-Roß-Gesamtschule in der Neustadt entstehen sollte. Die sechs Anmeldungen reichen allenfalls für eine Arbeitsgemeinschaft Portugiesisch, nicht aber für die geplanten zwei Klassen. Eine „Escola Básica Luso-Alemã“ wird es damit in der Hansestadt nicht geben.

Die Schulbehörde will sich bemühen, den sechs Kindern Ersatz zu bieten. Wie der aussehen soll, ist unklar. „Wir überlegen noch, was wir tun“, sagt Helga Büchel, in der Behörde zuständig für die Förderung ausländischer SchülerInnen. Gesucht wird eine Idee, die den Gedanken der Zweisprachigkeit nicht gänzlich beerdigt und es ermöglicht, später mit einer bilingualen Klasse loszulegen, „vielleicht im Schuljahr 2000/2001“.

Angesichts dieser Probleme geht es der Lokstedter Schule Döhrnstraße glänzend. Eine deutsch-italienische erste Klasse war hier vorgesehen; eine solche wird auch eingerichtet. Doch ganz so bilingual wie geplant dürfte es nicht zugehen an der „Scuola elementare italo-tedesca“. Denn es haben sich fast nur Kinder angemeldet, die prima deutsch und kaum italienisch sprechen. „Wir mußten deshalb unser Konzept ändern“, erklärt Schulleiter Friedrich Heß. Eine Alphabetisierung in beiden Sprachen ist nicht möglich. Statt dessen lernen die SchülerInnen auf deutsch lesen und schreiben. Italienischstunden gibt es täglich dazu; in Mathe werden Zahlen zweisprachig vermittelt. In der dritten Klasse läuft der Sachkunde-Unterricht teilweise, in der vierten vollständig auf italienisch. Betreut wird die Klasse wie geplant von einer deutschen Lehrerin und der Italienerin Letizia Accinelli.

Den SchülerInnen dürfte das entgegenkommen. Viele stammen zwar aus deutsch-italienischen Familien. Weil sie aber in der Bundesrepublik großgeworden sind, sprechen sie hauptsächlich deutsch. Andere haben zwei deutsche Elternteile und kennen Italien nur aus dem Urlaub. Die Mütter und Väter wollen meist die „tolle Chance“ nutzen, „daß die Kinder früh eine zweite Sprache lernen“, erklärt Gaby Kallinowski. Die Hamburgerin „kann kein Wort italienisch“. Ihr Sohn auch nicht. Dennoch soll Aron in die zweisprachige Grundschule gehen.

Bei Familien, in denen kaum deutsch gesprochen wird, ist das Interesse dagegen gering: Lediglich vier der 23 Kinder in der bilingualen Klasse haben keinen deutschen Paß. „Viele ausländische Familien haben Angst, daß ihr Kind in einer zweisprachigen Schule schlechter deutsch lernt“, vermutet Anette Kullik, deren Sohn ab August die Grundschule Döhrnstraße besucht. Schon im italienischen Kindergarten habe sie versucht, andere Eltern von der neuen Schule zu überzeugen. „Aber die hatten oft Bedenken, daß die Kinder dort nur italienisch sprechen.“ Eine Sorge, die angesichts der Klassenzusammensetzung wohl unbegründet war.