Wenn es gewaltig aus dem Boden stinkt ...

■ Umweltbehörde informierte über die derzeit laufenden Boden-Sanierungsfälle / Hemelingen und Hastedt besonders betroffen / Ab dem Jahr 2000 fehlt das Geld

Die Anwohner der Bochumer Straße am Flughafen haben sich gestern Nachmittag von dem Altlasten-Referent der Umweltbehörde, Harald Bethke, erläutern lassen, wie die Bodensanierung in ihren Gärten stattfinden soll. Wo heute 199 Einfamilienhäuser stehen, waren früher Kleingärten – aber um die Jahrhundertwende war die Fläche von der Stadt als Müllplatz betrieben worden. Neben Bauschutt und Hausmüll wurde dort auch Gewerbemüll abgekippt, eine Oberflächenabdeckung ist nur teilweise vorhanden. Bei Bodenuntersuchungen wurden erhebliche Bleibelastungen gefunden, auch Quecksilber, Kupfer und Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), also Teer-Öle. „Auf 26 Grundstücken besteht umgehender Handlungsbedarf“, stellte die Umweltbehörde fest. Das bedeutet: Bodenaustausch bis in 50 Zentimeter Tiefe. Kosten: 2,35 Millionen Mark. Weitere Maßnahmen sollen die Ausbreitung der Bodengifte verhindern.

Die „Bochumer Straße“ ist nur eines der 15 aktuellen Bodensanierungsprojekte in Wohngebieten, über die auf Initiative der grünen Umwelt-Politikerin Lisa Wargalla die Umweltbehörde gestern der Deputation berichten mußte. Bei der Sanierung im Bereich „Hansetor“ in Hemelingen war im vergangenen Jahr die Verseuchung eines Nachbargrundstücks festgestellt worden, die Baufirma Interhomes und die Stadtgemeinde haben sich inzwischen auf eine hälftige Kostenteilung (500.000 Mark) geeinigt. Normalerweise zahlt aber die Stadt allein, wenn es aus dem Boden stinkt. Nicht weit vom Hansetor ist die Thierstraße. Hier hat es einmal eine Dachpappenfabrik gegeben und eine Zündholzfabrik. 1997 war das Problem aktenkundig geworden, als eine Bewohnerin das Wasser aus ihrem Gartenbrunnen stank. Eine Untersuchung ergab skandalöse Belastungen und 67 alte „Verdachtsbetriebe“.

In einem Feuerlöschbrunnen der Schule Alter Postweg wurden 1990 chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKWs) gefunden – „ein großes Grundwasserproblem in allen städtischen Gebieten, in denen früher Gewerbe war“, sagt der Altlasten-Referent. In Hastedt also ganz besonders. Die CKWs sind „flüssiger“ als Wasser, dringen in Stoffe ein, die für Wasser als dicht gelten können, und sie verflüchtigen sich, sind also in der Bodenluft nachweisbar. Dutzende von Grundstücken wurden in Hastedt überprüft, eine frühere Tubenfabrik und eine chemische Reinigung als „erhebliche Verursacher“ ermittelt, dringende Sanierungsmaßnahmen kosten 775.000 Mark. Aber da sich die CKWs sehr leicht über das Grundwasser verteilen, ist eine vollständige Sanierung kaum möglich.

Die Bremer Silberwaren-Fabrik steht auf der Altlasten-Liste des Umweltressorts, aber auch das neue Walle-Center (eine Reinigung nebenan ist als Verursacher ausgemacht), am Hohweg traten Sickerwässer der Deponie aus – ins Grundwasser. Das Trinkwasserschutzgebiet in Bremen-Nord ist – seit 15 Jahren bekannt – bedroht von den Folgen der Dill-Deponie, die „Sanierungsplanung“ ist für das Jahr 2000 vorgesehen.

Die Liste ist lang, „aber wir bekommen immer wieder neue Meldungen“, sagt der Altlasten-Referent. Staatsrat Frist Logemann teilte gestern der Umweltdeputation allerdings mit, daß die Finanzierung der Sanierungs-Arbeiten aus dem „Ökofonds“ des Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramms (WAP) vom kommenden Jahr an nicht mehr vorgesehen ist. K.W.