Kooperation statt Protest

■ Flüchtlingsrat kritisiert, daß sich das Rote Kreuz zum Gehilfen der Sozialämter macht

Die Flüchtlinge tragen reichliches, dampfendes Essen in ihr Zimmer. Susanne Arabi, die Pressesprecherin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), lädt die anwesenden Journalisten ein, das Essen zu probieren. Die Zustände seien gar nicht so schlimm, wie in der Presse berichtet werde, sagt sie. Einer der Gründe für die Pressekonferenz, die gestern im Flüchtlingsheim in der Blankenburger Straße in Pankow stattfand, sind jedoch die Proteste der Flüchtlinge gegen die Vollverpflegung sowie die hygienischen Zustände in drei von neun DRK-Heimen.

Seit fast einem Monat dienen die Einrichtungen in Pankow als Sammelunterkünfte für „Wirtschaftsflüchtlinge“, wie sie seit der Änderung des Asybewerberleistungsgesetzes (AsylblG) im August 1998 bezeichnet werden.

Das DRK weist den Vorwurf zurück, es habe seine Arbeitsplätze retten wollen, wie die taz vorgestern berichtete. „Es gab nur eine Alternative – sich völlig aus dem Betrieb zurückzuziehen“, sagt Arabi, „das wollten wir aber nicht.“ Seit 20 Jahren beschäftige sich das DRK mit Flüchtlingen, die Organisation verfüge über viele qualifizierte Mitarbeiter. „Die Menschen sind bei uns besser aufgehoben, selbst unter solchen Bedingungen“, so Arabi.

Das DRK, ebenso wie Caritas und das Diakonische Werk, bezeichneten die Verschärfung des AsylblG vor einem Jahr als eine Verletzung von nationalem und internationalem Recht. „Wir haben scharf dagegen protestiert, der Gesetzgeber hat sich aber anders entschieden“, sagt Arabi. „Als großer Träger müssen wir sagen, diese Versorgung ist unmenschlich. Die Flüchtlinge werden wie Objekte behandelt.“ Das DRK wolle sich aber nicht aus der Verantwortung stehlen.

Insgesamt leben 950 Flüchtlinge in den drei Heimen des DRK mit Vollversorgung. Dreimal am Tag bekommen sie Essen. Es sei für sie unbekömmlich, beschweren sich die Flüchtlinge, besonders kleine Kinder leiden darunter. Die Vorwürfe des Bündnisses gegen das AsylblG, die Kinder würden zu wenig Vitamine bekommen, findet Arabi unsachlich: „Sie essen ja Hipp.“

Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin sagt: „Vor einem Jahr hat das DRK gegen diese Änderungen gekämpft, heute bringt es die Flüchtlinge in diesen Heimen unter solchen Bedingungen unter.“ Er wirft dem DRK vor, daß es den Vertrag mit dem Sozialamt Spandau gemacht habe, um die Einschränkungen durch die Änderungen im AsylblG konsequent umsetzen zu können. „Wenn das DRK sich zur Liga der Wohlfahrt zurechnet, darf es so etwas nicht machen“. Nino Ketschagmadse