„Leit-Thema“ Informationsgesellschaft

■ Bremer Angestelltenkammer will sich mit neuen Technologien befassen / taz testete den vielgelobten „Telebrief“ der Post

Die Bremer Angestelltenkammer will sich im kommenden Jahr intensiv mit dem Thema „Informations- und Wissensgesellschaft“ befassen. Die Kammer will sich dabei um die Veränderungen von „Arbeit“ beschäftigen, um die Auswirkungen auf das soziale Zusammenleben und um Lern-Formen. Um zu dokumentieren, wie ernst sie das Thema nimmt, wurde die Bekanntgabe des „Leit-Themas“ mit der Eröffnung des neuen „Kultur-Saales“ der Kammer zusammengelegt: Er ist größer und mit moderner Video-Übertragungstechnik ausgestattet.

Wie die Kammer ihr „Leit-Thema“ ausgestalten wird, wurde ges- tern noch nicht verraten. Eingeleitet wurde das Jahr mit dem Gastreferent Lothar Schröder, Leiter der Abteilung Technologie beim Hauptvorstand der deutschen Postgewerkschaft. Er wollte zum Thema „Arbeiten in der Informationsgesellschaft“ sprechen. Die Betriebe, so seine These, verlieren ihre Bedeutung als Orte des Zusammentreffens bei der Arbeit, es sei ein Umbruch wie zu Beginn der industriellen Revolution zu erwarten.

Die Post selbst war nicht sein Thema. Auf Nachfragen räumte er allerdings ein, dass auch sie von der Umgestaltung heftig betroffen sein wird. Er rechnet damit, dass der private Briefverkehr zum Beispiel durch e-Mail-Verkehr „substituiert“ wird. Schon in den letzten Jahren seien 30 Prozent der Arbeitsplätze bei der Post abgebaut worden. „Wir wollen den Umgestaltungsprozess offensiv angehen“, sagte Schröder für die Postgewerkschaft.

Paketdienst und Werbe-Zustellung würden eher zu- als abnehmen. Durch die Beteiligung an „e-commerce“ wolle die Post neue Betätigungsfelder gewinnen.

Aber wie steht es zum Beispiel um den offensiven Umgang der Post mit Telefax-Technik? Kein Problem, sagt der Hauptabteilungsleiter Technologie der Postgewerkschaft. Bei einem ordentlichen Postamt kann man einen Telefax-Brief aufgeben, der an Oma in Ammergau direkt ausgetragen wird.

Unser Test bei der Post am Domshof ergab folgendes Bild: Schalter eins versicherte, klar geht das. Zuständig für diese Form, das heißt nämlich „Telebrief“, sind aber Schalter 10 und 11. Schalter 10 runzelt die Stirn. Zustellung am Ziel-Ort? „Ja, das gab es einmal“, erinnert sich der Mann, aber das gibt es nicht mehr. „Telebrief“ heißt also heute, dass man bei der Post direkt ein Fax aufgeben kann, falls Oma ein Fax-Empfangsgerät hat. Kostet schlappe sechs Mark für die erste Seite. Aber das geht bald nicht mehr – am 1. Oktober ist Schluss mit „Telebrief“.

Dann geht nur noch der schöne alte Brief und das Telegramm, Schmuckblätter mit Preislisten liegen am Schalter aus: Bis 10 Worte im Inland: 29 Mark. Telegramme kann man übrigens bei der Post per Fax an eine „0185“-er Nummer (48 Pfg. pro Minute) aufgeben ... K.W.