Singen und dichten mit Stachel im Herzen

■ Liedermacher Wolf Biermann stellt mit kalter Wut und großer Traurigkeit sein „Paradies uff Erden – Ein Berliner Bilderbogen“ vor

Er bellt, heult und krächzt, haut voller Wucht auf die Gitarre ein und kippt von laut gebrüllten Tönen abrupt in zartes Säuseln. „Die meisten werden kommen, weil sie sich fragen: Mal sehn, ob er's noch kann“, meinte der Liedermacher Wolf Biermann vor Beginn seines Konzertes am Sonntagabend in Hamburg. Er kann: Er zog das Publikum mit neuen Songs über seine alte Heimat Berlin in den Bann. Im Thalia Theater stellte der 62-jährige Schriftsteller erstmals seine neuen Lieder unter dem Titel „Paradies uff Erden – Ein Berliner Bilderbogen“ öffentlich vor.

Allein saß der Dichter und Sänger, der 1953 aus seiner Geburtsstadt Hamburg in die DDR ging und dort 1976 wegen seiner Kritik am Regime ausgebürgert wurde, auf der schwarzen Bühne. Der Ton hat sich geändert. Die aggressive Wucht ist eher kalter Wut und Traurigkeit gewichen.

Biermanns neue Arbeiten sind das Ergebnis eines einjährigen Aufenthalts in Berlin als Gast des Wissenschaftskollegs. Das Treffen mit seiner „hassgeliebten Stadt“ nach 22 Jahren habe ihn „trotz der hanseatischen Kiemen hinter den Ohren wahnsinnig aufgeregt“.

So besingt Biermann seinen Berliner Kiez, die Kids vom Kollwitzplatz, „Kohlen-Otto“ und die neue „Glitzermeile“ Friedrichstraße. In „Hohenschönhausen: Ermutigung“ vermischt er eine Erzählung über das Stasi-Gefängnis in dem Berliner Bezirk mit den alten Zeilen „Du, lass dich nicht verhärten“. Als Zugaben wünschte sich das Publikum jedoch hartnäckig Lieder von früher. Brita Janssen/dpa