Vom Stahl zerquetscht

■ Neue Folge im taz-Toiletten-Test: Wie das Männerklo am Domshof Touristen erst fast meuchelt und dann vergrault / Hersteller: „Anwendergesundheit“ oberstes Gebot

Käsebleich kamen sie heim, die lieben Verwandten. Schreckliches sei ihnen widerfahren. Glücklich seien sie jetzt, die Noch-Lebendigen. Denn ein Klo, jawohl ein Klo, habe ihnen ihr ureigenstes Recht auf Leben und auf Unversehrtheit streitig gemacht. Mitten in Bremen. Den Arm zermanscht, das Bein abgetrennt, den Liquor aus den Poren gequetscht – Visionen, die die folgenden Stunden zu besonderen werden ließen. All das ausgelöst durch einen Stadtrundgang und ein dringendes Bedürfnis, das die Herren mitten auf dem – nun ja – Domshof ereilte.

Da gibt es ein Örtchen, im Untergrund, Abgang exakt vor der Bremer Landesbank, mit Tarnkiosk oben drüber. Mimikri einer Mordmaschine. Im Keller steht der Automat des Grauens. „Drehkreuz“, sagt der Normalbürger – „Waffe“, der geschockte, inzwischen empörungslila angelaufene Tourist. Ein handgeschriebenes Schild verweist „erst“ auf die „Gebrauchsanweisung“, vier Ausrufezeichen dahinter. Die besteht dann in vier Sätzen, siehe Foto. Entscheidend aber ist der Schritt von Satz 2 zu Satz 3. Erst in die Drehtür stellen, dann den Knopf drücken.

Im taz-Test funktioniert es. Gut, es steht sich etwas dämlich in den bewegungslosen Gittern, aber nach einiger Warterei und Denkerei ist klar: Der noch zu drückende Knopf befindet sich vor der Drehtür. Also Hand raus, Button gepresst. Die Gitterphalli bewegen sich, der Mensch in ihnen auch und er betritt das Reich feuchter Herrennöte. Zurück genauso – kein Problem.

Jetzt der Touri-Test. Das Wesen des Touristen besteht ja im Dialog mit dem Fremden, mit potenziellen Objekten der Furcht. Deshalb bleibt der Touri stehen. Wirft sein Silbergeld in den Schlitz, verwechselt die Zahlen 2 und 3 und drückt erstmal den Knopf. Worauf die Gittertür sich dreht, aber ohne Inhalt. Der Bremenbesucher gerät in eine Gemütslage zwischen fassungslos-verzweifelt und verzerrt-fletschend, macht sich in die Hose und hakt Bremen für immer ab. Oder aber die Gittertür dreht sich, der Zu-Pinkelnde springt im letzten Moment dazwischen und sieht schon alle oben genannten Szenarien wahr werden.

Aber dann. Dann greift „der patentierte DBP-Sicherheitsantrieb“ der Firma Adronit, nach eigenem Bekunden „führende Firma im Bereich Objektschutz“, im Ruhrpott-ort Wetter. Dieser einzigartige Mechanismus bewirkt, dass das Drehkreuz bei Widerstand stehen bleibt. Ein bisschen zäh, aber so, dass das Hirn im Schädel bleibt.

Doch auch bei urinalen Angelegenheiten gilt: Das Bessere ist der Feind des Guten. Man hätte, räsonniert Holger Kapanski von Adronit, sicherlich statt des Knopfes auch einen Mechanismus mit Optosensoren verwenden können – eine Art Lichtschranke, die die Türen erst bewegt, wenn sich jemand zwischen ihnen befindet. Aber, so Fachmann Kapanski: „Die sind teurer“. Den Bremer Fall habe er jetzt nicht parat, und das Beschwerdebild sei ihm gänzlich neu, aber grundsätzlich könne Adronit sagen, die „Anwendergesundheit“ sei das Wichtigste. Oftmals jedoch wolle es der Auftraggeber, meist die öffentliche Hand, ja auch billig. Und dann komme immer wieder: „Wir müssen sparen, sparen, sparen“. Tja.

Was also beweist der taz-Touri-Toiletten-Test? Der Sparkurs vergrault Touris. Männer sind doof. Pipi künftig einzuhalten. Oder wie?

sgi