Arbeitnehmerkammer: Doppelt gemoppelt

■ Fusionierte Arbeitnehmerkammer sieht erstmal alles doppelt / In zwei Jahren wird entschieden, wer wo das Rennen macht / Am Personalbestand soll sich nichts ändern

Kennen Sie noch Raider? Das heißt jetzt Twix, und geändert hat sich – natürlich – nix. Das gleiche Prozedere ziehen jetzt die Arbeiter- und die Angestelltenkammer in Bremen durch: Sie fusionieren, nennen sich ab sofort Arbeitnehmerkammer. Aber ändern soll sich hier erstmal auch nicht viel.

Zwar weiß man schon seit mehreren Jahren, dass beide Kammern im Januar 2001 fusionieren. Klar ist auch, dass beide ähnliche Aufgaben haben und infolge dessen „nahezu das gleiche machen“, bestätigt Sprecher Reinhard Janz. Aber damit sich die 170 nun vereinten Belegschaftsmitglieder keine Angst um ihren Job machen müssen, werden alle übergangsweise die gleiche Arbeit eben gemeinsam machen. Also alles doppelt.

Ab sofort gibt es also zwei Hauptgeschäftsführer, zwei Präsidenten, zwei Frauenbeauftragte, zwei Kulturreferenten, zwei Pressesprecher, zwei Personalräte undsoweiter.Im Detail wird jetzt verhandelt wie die Gewaltenteilung „gemeinsam und gleichberechtigt“ auf jedem Posten vollzogen wird: Angestellten-Geschäftsführer Hans Endl soll sich jetzt vorrangig um Personal und Finanzen kümmmern, während Arbeiter-Geschäftsführer Heinz Möller die Politik betreut. Abwechselnd sollen beide die Kammer nach außen vertreten. Bei den Pressesprechern ist die Arbeitsteilung ähnlich: Einer macht das Mitarbeitermagazin, der andere kümmert sich um die Bildungseinrichtungen. Durch genaue Aufgabenverteilung soll „Doppelarbeit vermieden werden“, heißt es offiziell.

Intern glaubt daran wohl keiner: Zwei Geschäftsführer als Führungssspitze seien „lähmend“, „sehr schwerfällig“ und „eigentlich nicht tragfähig“, sagt so mancher unter der Hand. Und selbst beim Personalrat hält man die Verdoppelung auf nunmehr zehn Arbeitnehmervertreter für „leicht überdimensioniert.“ Auch wie die Zusammenarbeit mit denen von der anderen Kammer „in der Praxis überhaupt aussieht, muss sich noch zeigen“. Schließlich hatte man 80 Jahre nicht viel miteinander zu tun.

Erst ab 2004 soll dann ausgesiebt werden. Dann soll jeweils nur noch einer aus den Doppelspitzen am Platz bleiben. Über die Führungsriege wird in drei Jahren die Vollversammlung entscheiden. Und bis dahin werden sich die Kandidaten für den „Machtkampf in Position bringen“, vermuten einige.

Beim Mittelbau mit seinem beamtenähnlichen Angestelltenverhältnis soll die doppelte Besatzung ganz langfristig abgebaut werden: Nur wenn jemand in Ruhestand oder in Altersteilzeit geht, wird der Co-Partner die Arbeit übernehmen. Das sind rund zehn Stellen in den nächsten Jahren. Richtig gespart wird vorerst aber nur bei den Honorarkräfte für die Rechtsberatung. Das sollen die angestellten Rechtsanwälte beider Kammern in Zukunft gemeinsam erledigen

Die Angestellten und Arbeiter, die monatlich 0,15 Prozent ihres Bruttoverdienstes (insgesamt 23 Millionen Mark) an die Kammer zahlen, werden von all dem nicht viel merken. Der einzige Fusionsgewinn für die 290.000 Zwangsmitglieder sind bessere Service-Zeiten: Mehr Termine in der Rechtsberatung – in Zukunft auch nach Feierabend. Die Kammern selbst versprechen, vereint „die beruflichen, sozialen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer noch effektiver erfüllen zu können.“

Dieses Jahr ziehen beide Kammern außerdem noch richtig vereint unter ein Dach. Dabei sind die Räumlichkeiten vermutlich das Einzige, was von Anfang an nicht doppelt beibehalten wird – die ehemaligen Arbeitervertreter ziehen zu den Angestellten in die Bürgerstraße, um so wenigesten die Mietkosten am Hillmannplatz zu sparen. Schwierig wird vielleicht noch die Raumverteilung mit den Neuen, meint Ex-Arbeiter-Sprecher Janz. Aber: „Die Deutsche Einheit ist schwieriger verlaufen.“ pipe