Front gegen die Riesen bröckelt

Die Stadtwerke Düsseldorf sollten zentraler Teil einer bundesweiten „Stadtwerke AG“ gegen die Stromkonzerne werden. Doch jetzt will die Stadt sie verkaufen

BERLIN taz ■ Düsseldorfs OB Joachim Erwin bekam gestern eine Menge Post. Ein Gabelstapler überbrachte mehr als 41.000 Unterschriften Düsseldorfer Bürger. Sie protestierten damit gegen den Verkauf der kommunalen Stadtwerke. Die ursprünglich gemeinsam mit anderen Stadtwerken anvisierte „Deutsche Stadtwerke AG“ müsste dann ohne die Düsseldorfer auskommen. Damit aber würde die geplante Front der Stadtwerke gegen die großen Stromkonzerne geschwächt. Eine solche Allianz hätte als fünftgrößter Anbieter gute Chancen auf dem deutschen Strommarkt.

Im Falle einer Privatisierung fürchtet die von der Gewerkschaft ÖTV unterstützte Initiative steigende Preise, Stellenabbau und Rückschritte beim Umweltschutz. „Beim Verkauf gehe es nur um die schnelle Mark“, so Udo Vogtländer von der ÖTV.

Als eigenständige Unternehmen haben Stadtwerke am Markt kaum eine Chance. Unter dem Druck knapper Kassen haben Städte wie Bremen, Leipzig und Kiel längst Anteile ihrer Stromversorger verkauft. Vorstand und Aufsichtsrat der Düsseldorfer Stadtwerke wollten jedoch einen ganz anderen Weg gehen: eine Fusion mit anderen Stadtwerken. Die im Rathaus regierende CDU/FDP-Koalition setzt jedoch auf einen schnellen Verkauf an einen großen Investor.

Dafür spricht laut Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger die aktuelle Marktsituation: Energieunternehmen würden erhöhte Preise in Kauf nehmen, um sich den begehrten Zugang zu den Endkunden zu sichern. Ein zügiger Verkauf aller Anteile könnte mehr als zwei Milliarden Mark in die Kassen der Kommune spülen. Eine Investmentbank hat bereits mit der Suche nach Käufern begonnen.

Die Idee zur Stadtwerke-Allianz entstand in Düsseldorf. Durch den Verbund mit Mainz, Darmstadt und München erhoffte man sich Vorteile durch bundesweites Agieren und bessere Konditionen im Stromhandel. Auch bei Marketing und Abrechnung sollten Kosten gespart werden, unter anderem durch die Vermarktung des Stadtwerke-Stroms unter einer bundesweit einheitlichen Marke.

Die Initiatoren der „Deutschen Stadtwerke AG“ hoffen weiter auf eine Teilnahme der Düsseldorfer: „Das wäre natürlich strategisch besser“, sagte Antje Hermanni von den Stadtwerken Mainz gegenüber der taz. „Eine Absage aus Düsseldorf bedeutet aber nicht das Aus für die Deutsche Stadtwerke AG.“ Für den Verbund interessieren sich inzwischen auch andere Stadtwerke. Im Gespräch sind Leipzig und zwei Stadtwerke aus Norddeutschland.

Vonseiten der Umweltbewegung wird die horizontale Kooperation der Kommunalversorger begrüßt. „So kann der Aufkauf durch Vorlieferanten wie RWE oder Eon verhindert werden“, sagte Klaus Traube, Energieexperte vom BUND. Die Stromriesen wollten in erster Linie den Strom aus ihren Großkraftwerken verkaufen. Ein Zusammengehen der Stadtwerke könnte den Fortbestand der ökologisch sinnvollen Kraft-Wärme-Kopplung sichern.

Der Startschuss für die „Deutsche Stadtwerke AG“ soll noch Anfang dieses Jahres erfolgen. Im zweiten Schritt möchte der Verbund mit einem internationalen Partner „zusätzlichen Drive und eine europäische Komponente“ erreichen.

HOLGER DAMBECK