■ H.G. Hollein: Zappenduster

Die Frau, mit der ich lebe, mopst sich bisweilen. Besonders vor dem Fernseher. Dafür kann ich zwar nichts, aber um meinen guten Willen zu zeigen, habe ich vor geraumer Zeit begonnen, ein paar „Treatments“ zu konzipieren, deren Umsetzung ich den Fernsehredaktionen zur Befriedigung des Unterhaltunsgbedürfnisses der Gefährtin anheim stellen möchte. Ich denke da zunächst an eine knallige Enthüllungsdokumentation – Arbeitstitel „Ich war das Pferd des Flüsterers: Ein Zossen packt aus“ – im besten „Kamera-direkt“-Stil, ganz ohne Kommentar und Schnitte, dafür mit Untertiteln, wenn das Schnauben und Wiehern ins Unverständlich-Dialektische abgleitet. Danach sollte es einen 90-Minüter voll realitätsnah-gehobener Spannung geben. Für eine kunstvolle Variation eines immer gern genommenen Sujets drängt sich der psychopathische „Serial-Killer“ natürlich geradezu auf. Was also, wenn sechs bis neun solcher – bereits verurteilter – Damen und Herrn auf dem Weg zur Vorführung bei einem „Profiler“-Kongress in einem Aufzug steckenbleiben? Ich könnte mir vorstellen, dass diese Exposition dramaturgisch für ein Kammerspiel auf engstem Raum einiges hergibt. Und wenn dann auch noch das Licht ausfällt ... Jedenfalls muss anschließend was zu lachen her, aber so richtig. „Witze Classics“ ist ein „Format“, das heimische Sender bisher unverständlicherweise noch nicht erschlossen haben. Ein Stuhl, ein Mikro, eine Kamera und dahinter meinetwegen Fips Asmussen, der die Sendung mit einem genüsslichen „Kommt doch neulich ne Frau zum Frauenarzt ...“ einleitet. Das reicht allemal, um damit fünf mal dreißig Minuten pro Woche zu füllen. „Kultverdächtig!“ sage ich da nur. Wenn die Gefährtin dann immer noch mosert, gibt's als mitternächtlichen Rausschmeißer “Life aus dem Bundescontainer“: Joschka oder Jürgen? Wer muss raus und darf anschließend mit „Po-Po-Politik, die trinke ich mir schick“ die Charts stürmen? Aber wie ich die Gefährtin kenne, zappt sie nach zwei Tagen doch nur wieder rum und näselt nörgelnd: „Moi langweilt sich, konversiere mit mir!“