Ein neuer Stadtteil für die Uni?

■ Die Beiräte Schwachhausen und Horn sind vehement gegen die Ausweitung des Techno-logieparks ins Kleingartengebiet. Sie favorisieren den Plan B, der die Parzellen nicht antastet

Es war klar, dass der Geburtsfehler – oder besser der Zeugungsfehler – bei der Gründung der Universität in den 70er Jahren Bremen noch lange beschäftigen würde. Am Rand der Stadt, ohne Anbindung an die Wohnquartiere, fällt der Campus allabendlich in den Dornröschenschlaf. Jetzt soll Abhilfe geschaffen werden – oder haben die Planer den Beiräten Horn und Schwachhausen vielleicht doch nur ein Märchen aufgetischt, wenn sie vom „neuen lebendigen Stadtteil Universität“ sprechen?

„Wir wollen dort nicht Monotonie, sondern Urbanität.“ Fritz Logemann, Staatsrat im Bauressort stand den Stadtteilparlamenten und knapp hundert Besuchern vorgestern Rede und Antwort zur geplanten Erweiterung des Technolgieparks an der Universität. Planer Robert Lemmen stellte den Entwurf der renommierten Frankfurter Firma Albert Speer & Partner (links oben) vor: Ein „Technologiestadtteil mit hochwertiger Architektur“, mit Kneipen und einem „Wissenschaftsgarten“ soll da entstehen und endlich die Uni mit den Stadtteilen Schwachhausen und Horn verbinden. Das Problem: die Planung frißt by the way 770 Kleingärten auf.

Die liegen jetzt noch idyllisch an der Munte – „ländliche Fluchtpunkte“ werden sie von ihren Besitzern genannt, „Trennungsareale, die eine urbane Stadtentwicklung verhindern“ heißen sie dagegen bei den Stadtplanern.

Am Ende der Beiratssitzung frischten die Stadtteilräte einen Beschluss auf, den sie schon vor einem halben Jahr gefasst hatten: Die Kleingärten sind dauerhaft zu erhalten. Die vom Bauressort vorgestellte Planung wurde damit einstimmig abgelehnt. Aber der Beirat ließ es nicht beim Bocken. Eine „interfraktionelle Arbeitsgruppe“ hatte, gemeinsam mit Detlev Söffner von der freien „Planungswerkstatt“, Plan B (rechts oben) erarbeitet. Ein Wachstum des Technologieparks in drei Stufen ist auch dort vorgesehen, allerdings ohne, dass die Gärten angetastet werden. Söffner glaubt auch nicht, dass „Lebendigkeit in diesem neuen Quartier entsteht: Dort wird kein Stadtteil entstehen“, fasst er seine Kritik zusammen. Die Funktion Wohnen fände in dem Speer-Entwurf mit rund 500 Wohneinheiten zu wenig Berücksichtigung. „Ich traue der Wirtschaftförderungsgesellschaft zwar zu, dass sie das Gebiet langsam mit Gewerbe auffüllt, aber die Philosophie eines regen Technologiestandortes wird nicht aufgehen.“ Diese Philosophie setzt auf die Kooperation der Firmen und Institute, auf sogenannte „Synergieeffekte“ zwischen denen, die bereits im Techno-Park angesiedelt sind beziehungsweise sich dort weiter ansiedeln. „Aber der soziokulturelle Kern der Uni und des Technologieparks ist Flüchtigkeit“.

Die Einschätzung Söffners ruht auf einer Untersuchung des Bremer Ausschusses für Wirtschaftsforschung. Die hatten in einer ersten Befragung der Firmen vor knapp drei Jahren ermittelt, dass die Nähe zu anderen, ähnlich arbeitenden Firmen als wenig wichtig eingeschätzt wird. „Was wir in diesem Gebiet also brauchen, ist Standortmanagement, nicht etwa eine großdimensionierte Erweiterung der Fläche“, urteilt Söffner.

Mit dieser Auffassung steht er nicht allein. Vor knapp zwei Wochen hatte sich die Bürgerschaftsfraktion der SPD geschlossen gegen den Entwurf ausgesprochen, der allen Kleingärten den Garaus machen würde. Stattdessen soll langfristig das Konzept „Technopolis“ zum Tragen kommen: Ansammlungen von Technologiefirmen, verteilt über mehrere Standorte in der Stadt, zum Beispiel im Faulenquartier oder an der Grohner Uni. Den Techno-Park an der Bremer Uni will auch die SPD-Fraktion erweitern – allerdings nur auf der Hälfte der Fläche. „So könnten rund 350 Kleingärten dauerhaft erhalten bleiben“, sagt der baupolitische Sprecher der SPD, Carsten Sieling. Von dieser Variante – die Arbeitsgruppe im Bauressort hatte zugesagt, diesen Kompromiss zu prüfen – war auf der Beiratssitzung keine Rede. Sieling zeigte sich gestern „verwundert“ über dieses Vorgehen. Staatsrat Logemann rechtfertigt sich: „Ich fange in einer solchen Runde keine Verhandlungen an.“ Ab nächster Woche seien Gespräche mit dem Landesverband der Kleingärtner und den Beiräten anberaumt, dann könne man sagen „so könnte es sein, so könnte es anders sein“.

In der Beiratssitzung war von Kompromissbereitschaft nichts zu spüren. „Wir geben nicht einen einzigen Garten her“ war der Tenor der Parzellisten. „Der Technologiepark gehört an die Uni, und wir müssen ein ausreichendes Flächenangebot an den Markt bringen“, entgegnete kategorisch der Wirtschaftsstaatrat Uwe Färber. Zuletzt argumentiert er moralisch: „Wir nehmen, um zu geben. Denken sie an die vielen Arbeitslosen in Bremen, und dort werden Arbeitsplätze entstehen.“

Der Druck kam nicht an: „Wenn man Leuten etwas wegnehmen will, dann muss man einen sehr zwingenden Nutzen davon haben. Einen Beweis dafür habe ich heute nicht gehört“ begründet SPD-Mann Wolfram Seibert die Haltung der Beiräte. Und Beiratssprecher Bernd Huse assistiert: „Sie klammern sich wie ein Ertrinkender an die Erfolgsstory Technologiepark. Aber so wird aus dem Park eine Wüste. hey