Mädchen in Amt und Würde

■ Sechstes Mädchenparlament in Bremerhaven / Schluss mit dem Gewusel: Auf dem sechsten Parlament sorgten die geladenen Klassensprecherinnen für Ordnung

Klopapier, abschließbare Türen, Mülleimer für Tampons und Binden, Spiegel – nicht nur, um sich die Wimpern zu tuschen, sondern auch, um Kontaktlinsen reinzusetzen. Diese Forderungen stellten die Mädchen am zweiten Tag des sechsten Bremerhavener Mädchenparlamentes. Und: eine Raucherecke auf dem Schulhof, damit das Klo nicht immer vollgequalmt wird.

Die 70 Mädchen der fünften bis zehnten Klassen beinahe aller Schulen Bremerhavens (Ausnahme: Pestalozzi-Schule) beschäftigten sich aber nicht nur mit Sanitäranlagen im Mädchenparlament. Nach einer Tanzvorführung am Morgen konnten sie zwischen sechs verschiedenen Workshops wählen: Verhütung, Umgang mit Konflikten, Berufsorientierung und Lebensplanung, Funky-Dance zum Rumzappeln sowie zwei Work-shops zum Thema Essen, Diäten und Essstörungen. Die Nachfrage nach letzterem Angebot sei über die Jahre gestiegen, erzählt Hilla Ehmke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bremerhaven. „Es ist wichtig, dass wir mitkriegen, da ist etwas, da müssen wir weiterarbeiten“, erklärt Ehmke eines der Ziele des Mädchenparlaments. Aber besonders in diesem Jahr sollen auch die Mädchen dazu ermutigt werden, eigene Interessen und Forderungen zu formulieren und als „Multiplikatorinnen“ in die Schulen hineinzutragen.

Deshalb wurden in diesem Jahr gezielt Klassensprecherinnen angesprochen sowie andere „Funktionsträgerinnen“. „Das große Gewusel mit 300 Mädchen und aufwendigem Beiprogramm hatten wir schon. Jetzt wollten wir effektiver arbeiten.“ Immerhin sei mit dem „Gewusel“ erreicht worden, dass Mädchenarbeit von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und vor allem, dass die Bremerhavener Jugendeinrichtungen eigene Mädchenprogramme institutionalisiert haben. Nach dieser Girlpower-Attacke im Freizeitbereich wären jetzt die Schulen dran. „Damit rückt die Berufsorientierung in den Vordergrund“, sagt Ehmke.

Die sechs Mädchen zwischen 12 und 14 Jahren im Workshop „Ich will alles“ haben überwiegend recht genaue Vorstellungen davon, wie ihr Leben mit 30 aussehen wird. Katrin Freemann (14) will Journalistin werden, aber freiberuflich, damit sie Zeit für ihre Kinder hat. „Und gut verdienen will ich auch“, träumt sie weiter. Unter dem Stichwort „Familie“ pinnen alle sechs Mädchen Zettel an die Wand, auf denen an Mann und zwei bis vier Kinder gedacht wird.

Bei den Forderungen, die sie als Gruppe für das abschließende Plenum aufstellen sollen, kommen sie nicht so schnell in Gang. Pragmatisch denkend – was nervt uns an unseren Schulen ganz besonders – tauschen sie Erfahrungen mit pädagogisch wenig wertvollen LehrerInnen aus und wünschen sich eine Aufhebung von Kaugummi- und Handyverbot. Von alleine reden sie nicht darüber, wie und ob sie sich als Mädchen benachteiligt fühlen und finden die Lehrer in dieser Hinsicht eigentlich okay. Doch nachdem sie gezielt gefragt werden, wie die Jungs ihrer Klasse darauf reagiert haben, dass sie für das Mädchenparlament schulfrei bekommen, sieht die Sache anders aus. „Die waren sauer und haben gesagt, wir würden immer bevorzugt“, erzählt Janine Geltz (12). Dabei würden die LehrerInnen den Jungs viel mehr durchgehen lassen. Sie wünschen sich auch ein Äquivalent zu den alle naselang stattfindenen Fußballturnieren – nur für Jungs.

Zum Schluss des Plenum wurden die Forderungen nach jüngeren LehrerInnen, neuem Mobiliar, aber auch nach Mädchenbeauftragten und eigenen Räumen an die Personalrätin Ute Möhle übergeben. Die Mädchen sind zurückhaltend und die Wünsche klingen auch ein bisschen danach, als hätten die Workshop-Leiterinnen sie erst darauf bringen müssen. Ehmke vermutet, dass viele noch nicht gelernt hätten, Forderungen für sich zu stellen. Sie ist sich aber auch sicher, dass sie mit einem bestimmten Ziel gekommen seien: „Die wollten was mitnehmen.“ ei