der homosexuelle mann ...
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von ELMAR KRAUSHAAR

... muss nicht Tänzer werden oder Friseur. Er kann auch anders. Politiker vielleicht, ein bedeutender, gar ein Minister oder noch mehr. Einer macht sich jetzt auf die große Karriere-Reise: Guido Westerwelle. Jung ist er und hat noch viel Zeit dafür; smart kann er sein und geschmackssicher in der Optik; gemein macht er sich mit den Dumpfbacken aus dem RTL-Container, und zu Hause fühlt er sich in der Gesprächsrunde „auf höchstem Niveau“ (Westerwelle) bei Christiansen; medial präsent ist er wie ein Markenartikel und es gibt nichts, wozu er nichts zu sagen hätte.

Doch da taucht auf dem Weg nach oben ein Problem auf hinter der liberal-modernen Fassade: Wie kann man den Wählern verschweigen, was besser nicht zur Sprache kommen soll? Nicht einmal in diesen goldenen Zeiten, die mit der Lizenz zur Homo-Ehe jetzt hereinbrechen. Das, was Heterosexuelle so leichthin „Privatleben“ nennen und in jedem Gespräch zum Thema machen. Dieses selbstverständliche Recht gilt nicht für Homosexuelle. Sie sollen es für sich behalten. Das weiß auch Westerwelle und hält sich an die Regel. Dabei hat selbst er seinen Wählern das „Ende der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften“ versprochen und traut doch nicht seinem eigenen Entwurf.

Dennoch nimmt der „Lifestyle-Politiker“ (Eurogay) den Mund ganz schön voll: „Ja. Ich öffne mich und erzähle mehr aus meinem Privatleben“, verspricht er im SZ-Magazin. Aber: „Es muss Grenzen geben, davor erwarte ich Respekt.“ Die Grenzen sind sehr weit gesteckt, das, was der Bonner Bürgersohn so ausplaudert, passt noch in jede Fernsehwerbung. Einen Hund hat er, zwei Fahrräder, liebt gute Gespräche bei Rotwein, guckt gern Kunst, sein bester Freund ist ein Banker, und er träumt davon, einmal Pippi Langstrumpf zu sein.

Selbstverständlich wissen alle, die es wissen müssen, dass es so ist, wie es ist. Und halten sich an die Regel „Don’t ask, don’t tell!“ Wie die Journalisten. Sie plappern das mit dem Rotwein nach und die Langstrumpf-Nummer. Und möchten doch die Ersten sein, die dann drucken dürfen, was sie „Bekenntnis“ nennen. Mit Fangfragen wollen sie den Zauderer aus der Reserve locken und führen gar eine „Sandprinzessin“ ein, eine Frau an seiner Seite, die der Öffentlichkeit Sand in die Augen streuen soll, damit das Leben davor das dahinter nicht erkennen lässt. Angesprochen auf Gerüchte über seine Heiratspläne mit „Ute“ pariert Westerwelle die Gala: „Ute und ich haben uns köstlich amüsiert und ein vorzügliches Glas Rotwein darauf getrunken.“

Ein albernes Spiel, für das Westerwelle selbst die Parole ausgibt: „Wir finden, dass Parteien und Politiker nach ihrem Arbeitszimmer bewertet werden sollen, nicht nach ihrem Schlafzimmer“, klärt er die schwulen Leser von Männer Aktuell auf. Und schwupp! hat er das homosexuelle Leben wieder ins Schlafzimmer verbannt. Westerwelle will die FDP-Version der Homo-Ehe und doch das große Geheimnis bewahren. Doch ist das eine mit dem anderen nicht zu haben. Ein schwules Leben, das an der Schlafzimmertür aufhört, ist kein Leben.