König Kurt entlässt Getreuen

Jahrelang diente Georg Milbradt in Sachsen als Finanzminister. Jetzt fiel er Ministerpräsident Biedenkopf einfach nur zur Last. Das Ende einer Männerfreundschaft kam plötzlich und war auch nicht frei von Intrigen. Die CDU-Kollegen reagieren genervt

von NICK REIMER

Ein „miserabler Politiker“ ist gestern zurückgetreten worden: Jahrelang war der dienstälteste Finanzminister Deutschlands für Kurt Biedenkopf einfach nur „der Georg“. Gestern hat Sachsens Regierungschef „den Herrn Finanzminister Milbradt“ wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten entlassen.

Die Genese dieses Rausschmisses zeigt, wie viel Biedenkopf von seiner einstigen Souveränität eingebüßt hat. Eingefädelt hatte er den Raußschmiss vergangenen Mittwoch. Auf dem Plan der CDU-Fraktion stand die Wahl ihres Vorsitzenden. Gegen den als zu blass und profillos kritisierten aber Biedenkopf-getreuen Fritz Hähle trat auch der finanzpolitische Sprecher Horst Metz an. Metz gilt als Vertrauter des Finanzministers. Zuvor wusste Biedenkopf den Abgeordneten von einem vertraulichen Gespräch mit seinem Finanzminister zu berichten. „Hähle muss weg“, habeMilbradt gefordert. Biedenkopf verbrämte seine eigene Indiskretion als „Akt der Wahrheit und Klarheit“.

Die Abgeordneten verstanden das Signal, Hähle gewann die Wahl, wenn auch nur knapp. Dann legte Biedenkopf nach. Einem Journalisten diktierte er: Finanzminister Milbradt sei „ein hochbegabter Fachmann, aber ein miserabler Politiker“. Wann immer er sein fachpolitisches Terrain verlasse, mache er einen Fehler nach dem anderen.

Soweit die Intrige, die immerhin professionell erscheint. Die folgende Entwicklung deckt allerdings Reibereien im Apparat von Biedenkopf auf. Biedenkopf dementierte am nächsten Tag die Beleidigung: „Ich würde so etwas Idiotisches nie sagen.“ Sein Sprecher erklärte aber, dass der Regierungschef zu derlei Idiotischem durchaus fähig ist: „Das war eine private Bemerkung des Ministerpräsidenten, die er nicht autorisiert hat.“

Dem idiotischen Hin und Her folgte für Sachsen erstaunlich harsche Kritik an „König Kurt“. Kreisverbände forderten Biedenkopf auf, die Vorwürfe gegen Milbradt „unverzüglich zurückzunehmen“. Er sei einer der wenigen Politiker Sachsens, die Probleme beim Namen nennen würde. Mittelstandsverbände forderten, dass „Biedenkopf weiterhin mit dem Finanzminister Prof. Dr. Milbradt“ Politik machen müsse. Als „völlig daneben“ bezeichneten CDU-Landtagsabgeordnete erstaunlich offen Biedenkopfs Haltung. „Wer einen hoch qualifizierten Politiker, der bundesweit anerkannt ist, als unqualifiziert bezeichnet, disqualifiziert sich selbst“, erklärte Sachsens CDU-Vize Heinz Eggert.

Nichts nützte mehr. Milbradt, dessen Sparkurs Sachsen zur geringsten Verschuldung unter den ostdeutschen Ländern verhalf, wird jetzt von Staatskanzleichef Thomas de Maizière beerbt. Trotzdem kann der Exfinanzminister für Biedenkopf noch zu einer ernsten Gefahr werden. Am 13. Februar ist er als Zeuge vor einen Untersuchungsausschuss gegen Biedenkopf geladen.

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