Theoretisch mehr Praxis

■ Bremer Grüne wollen JuristInnen-Ausbildung reformieren / Rektor der Hochschule Bremen gründet lustig Studiengänge und sucht die Rettung in Studiengebühren

„Alle raus hier“, war die Botschaft 1992 in einer SchülerInnen-Infomationsveranstaltung der Hamburger Universität. „Sucht euch was anderes, wir haben schon zu viele von euch.“ Mittlerweile werden die Universitäten vorsichtiger und umwerben in- und ausländisches Studierendenvolk. Schließlich brauchen wir in Zukunft noch mehr AkademikerInnen, sagen Fokus und Spiegel und alle anderen auch.

Zum Beispiel die Bremer Grünen. „Viel zu viele Studierwillige bekommen keinen Studienplatz an den Orten, wo sie qualifiziert ausgebildet werden“, sagt der wissenschaftliche Sprecher der Bremer Grünen, Hermann Kuhn, gestern auf einer Anhörung zum Thema „Fachhochschulen stark machen“. Handlungs- und Reformbedarf sieht er vor allem in der JuristInnenausbildung. Die universitäre Ausbildung sei auf Staatsdienste zugeschnitten, dabei würden sich zum Beispiel in der freien Wirtschaft neue Profile bilden. „In Lüneburg hatten sie 500 Bewerbungen auf 50 Plätze für den neu eingerichteten Studiengang für Wirtschaftsjuristinnen.“ Befriedigen könnten diese Nachfrage zurzeit nur die Fachhochschulen, glaubt Kuhn. Der Vorteil des Fachhochschulstudiums: Praxisorientierter, kürzer und flexibler in seinen Angeboten und Neuorientierungen. Und billiger. Darauf pocht der Rektor der Hochschule Bremerhaven, Hans-Albert Kurzhals. Kern der Aussage: Die erwünschten Mehr-AbsolventInnen kriegt ihr nur mit uns, weil deren Ausbildung bei uns viel preisgünstiger ist. Für die Erfüllung dieser Aufgabe müssten sie allerdings dann schon mehr Kohle bekommen als bisher.

Einsatz Ronald Mönch, Rektor der Hochschule Bremen, der das Engagement Kuhns bremsen möchte, da mit dieser Diskussion doch nur „eine Maus geboren würde“: „Wir müssen nicht auf die Politik warten, sondern selber kämpfen und brennen. Wenn wir Jura wollen, dann sind das nicht die Politiker, die uns davon abhalten wollen oder die böse Konkurrenz Universität, sondern wir selbst.“ Und da helfe nur eins: „Studiengebühren“! Die seien „hinter den Kulissen nicht so ein Problem wie davor“, sagt er und liefert mit Vergleich Großbritannien ein schlagendes Argument. Wenn die „echten Ausländer“ – also die aus „Afrika, Südamerika und Asien“ – hören, dass sie in Deutschland nichts für ihren Studienplatz bezahlen müssen, dann gingen die doch nach England, weil dort 20.000 Mark Studiengebühren verlangt würden. Und damit automatisch bessere Bildung. Ohne Gebühren ginge ab 2003 gar nichts mehr und irgendwie müssen die Neugründungen – wie Politikmanagement, Psychologie und Restaurierung – ja bezahlt werden.

Zurück ins Jura. Auch Wilfried Müller, Konrektor der Bremer Universität sieht ein Problem in der bisherigen Ausbildung von Juris-tInnen, aber auch in Lehramt und Medizin. Er glaube nicht, dass es einen Unterschied mache, ob die JuristInnen an Uni oder FH ausgebildet werden. Vielmehr könne es nicht sein, dass der Staat sowohl Arbeitgeber sei als auch die Normen für diese Berufszweige vorschreibe.

Schreit das nicht alles nach einer grundlegenden Reform des Hochschulsystems mit seiner merkwürdigen Spaltung von Theorie und Praxis, analog zu der Existenz von Fachhochschulen und Universitäten? Hermann Kuhn hofft darauf, dass „wenn wir die Fachhochschulen stärken, die Universitäten mitziehen müssen.“ ei