Filmstarts à la carte
: Amoralität als Lifestyle

■ Kein europäischer Star vermag Amoralität auf der Leinwand so faszinierend darzustellen wie Alain Delon. Folglich hätte Regisseur René Clément keinen Besseren für die Rolle des Tom Ripley finden können, als er 1959 unter dem Titel „Nur die Sonne war Zeuge“ eine Verfilmung von Patricia Highsmiths Roman „Der talentierte Mr. Ripley“ in Angriff nahm. Denn der junge, gut aussehende Ripley ist wenig vermögend, jedoch ausgesprochen skrupellos und keineswegs behindert von übertriebenen Moralvorstellungen. Erzählt wird eine zynische Aufsteiger-Geschichte: Ripley treibt sich in Europa mit einem reichen, furchtbar arroganten Bekannten herum, dessen Lebensstil ihn jedoch ungemein fasziniert. Der andere besitzt, was Ripley gern hätte: Geld, feine Kleidung - und eine hübsche Freundin. Und so nimmt der Habenichts Ripley die Demütigung hin, zum Laufburschen degradiert zu werden - und ergreift die erste günstige Gelegenheit, um den widerlichen Schnösel zu ermorden und dessen Identität anzunehmen. Obwohl der Film auf ein Ende nach dem Motto „Verbrechen zahlt sich nicht aus“ zusteuert (im Gegensatz zu Highsmiths Roman, in dem Ripley mit seinen Schurkereien stets davonkommt), unterläuft Clément die Konvention immer wieder - vor allem, weil die von Ripley ins Jenseits zu befördernden Personen erheblich unsympathischer wirken als der in seiner Amoralität so attraktive Alain Delon. Zumal Ripleys zweiter Mord und die Beseitigung der Leiche wahrlich zu den großen Kabinettstüccken grausamer Komik in der Geschichte des Kinos gehören.

„Nur die Sonne war Zeuge“ 1.2.-7.2. im Filmrauschpalast

■ Dekorationen, Kostüme, Frisuren - eigentlich weist hier alles auf die 50er Jahre hin. Tatsächlich trägt sich die Handlung von Rob Minkoffs „Stuart Little“ jedoch in der Gegenwart zu: Geena Davis und Hugh Laurie mimen mit viel Augenzwinkern ein unglaublich liebenswertes Ehepaar, das in einem Waisenhaus einen „Bruder“ für ihren Sprößling adoptieren möchte. Nach Hause kommen sie dann allerdings mit der Zeichentrickmaus Stuart. Der Gag dieser vergnüglichen Hommage an leicht antiquierte Familienfilme besteht nun darin, dass eigentlich jeder diesen Umstand ganz normal findet - nur dass Stuarts geringe Größe immer wieder für haarsträubende Situationen sorgt. Vom unfreiwilligen Aufenthalt in der Waschmaschine bis zur eifersüchtigen Hauskatze - Stuart hat es nicht leicht, sich seinen Platz in der Familie Little zu erobern.

„Stuart Little“ 4.-7.2. im Thalia Movie Magic

■ Bei der Berlinale ist ihm die Retrospektive gewidmet, jetzt kann man Fritz Lang bei seinem einzigen größeren Auftritt als Schauspieler in Jean-Luc Godards „Le Mépris - Die Verachtung“ bewundern. Dort spielt Lang einen freundlichen, resignierten Regisseur namens Fritz Lang, der sich von einem cholerischen Produzenten ständig in seinen Odysseus-Film pfuschen lassen muss und deshalb lieber die hübsche gelbe Farbe von Brigitte Bardots Bademantel bewundert. Ein wenig erzählt der Film dabei von Langs Situation in Hollywood, aber auch von Godards eigenen Erfahrungen mit Produzenten, die beispielsweise nach Beendigung der Dreharbeiten noch Nacktaufnahmen von der Bardot verlangten. Eine Reflexion in Farbe und Scope über Filme in Farbe und Scope, über den Starstatus von Brigitte Bardot und über die Auswirkungen beruflicher Entscheidungen auf private Beziehungen.

„Die Verachtung“ 7.2. im Babylon-Studiokino

Lars Penning